James Webb-Weltraumteleskop Tiefer Blick in die Vergangenheit des Weltalls
Seit Anfang 2022 ist das James Webb-Weltraumteleskop im Weltall und richtet sein scharfes Auge auf ferne Objekte. Es soll noch tiefer ins Universum blicken als Hubble. Tiefer heißt beim Weltall aber auch: weiter in die Vergangenheit.
Darauf mussten Astronomen und Astro-Physiker lange warten: Das James Webb-Weltraumteleskop liefert uns bestechende Aufnahmen aus dem Weltall frei Haus. Der Nachfolger des bewährten, aber betagten Hubble-Teleskops hat 2022 seinen Arbeitsplatz im Weltall erreicht. Es richtet seinen Infrarotblick weit in die Ferne des Alls - zu dessen Anfängen.
Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble
Das James Webb-Weltraumteleskop (James Webb Space Telescope - JWST) soll die Frühzeit des Universums erforschen. Das Infrarot-Teleskop gilt als Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops, das seit mehr als dreißig Jahren die Erde umrundet. Doch während Hubble schon so weit entfernt ist, dass Astronauten-Einsätze zur Reparatur inzwischen als zu gefährlich eingeschätzt werden, ist James Webb von vorneherein so weit weg, dass Menschen nicht mehr unmittelbar eingreifen können.
Gelungener Start für das James Webb-Weltraumteleskop
1,5 Millionen Kilometer reiste das Teleskop durch den Weltraum - vier Wochen lang nach seinem Start am 25. Dezember 2021. Am Ziel angekommen, musste James Webb zunächst vollautomatisch seinen aus 18 Segmenten bestehenden Teleskop-Spiegel ausklappen und seinen Sonnenschild entfalten: Das galt als kompliziertestes Manöver der gesamten Mission. Die ersten Aufnahmen folgten erst viel später, im Juli 2022. Denn die Justierung der Spiegel dauerte viele Monate.
Am Lagrange-Punkt L2 - auf der sonnenabgewandten Seite der Erde
Das James Webb-Teleskop ist an einer besonderen Position "geparkt": am zweiten Lagrange-Punkt. Der liegt rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt auf ihrer sonnenabgewandten Seite. James Webb ist dadurch in immer gleicher Entfernung zur Erde - etwa viermal weiter entfernt als der Mond -, kreist aber nicht um die Erde, sondern mit ihr um die Sonne, immer auf unserer Nachtseite.
James Webb wurde hier positioniert, damit die Wärme der Sonnenstrahlen die temperaturempfindlichen Sensoren des Teleskops nicht stört.
Lagrange-Punkte - was ist das?
Die nach Joseph-Louis Lagrange benannten Punkte sind fünf Orte in einem System zweier Himmelskörper - etwa der Erde und der Sonne -, an denen ein gravitatives Gleichgewicht eintritt und sich ein Objekt ohne Antrieb hält. Ein Mond oder Satellit an einem der fünf Punkte kreist mit der Erde um die Sonne, auf der gleichen Umlaufbahn. Die Lagrange-Punkte L1 und L2 liegen dabei auf der Verbindungslinie Erde-Sonne, nahe an der Erde als masseärmeren Körper. L3 liegt auf der entgegengesetzten Seite der Sonne, L4 und L5 "laufen" der Erde in ihrem Orbit voraus bzw. hinterher.
James Webb-Teleskop schon sehr lange geplant
Eigentlich hätte das James Webb-Teleskop schon vor vielen Jahren ins All starten sollen, doch es kam immer wieder zu erheblichen Verzögerungen. Das in den 1990er-Jahren konzipierte Projekt JWST war ursprünglich schon für das Jahr 2002 angedacht. Dann wurde der Beginn immer wieder verschoben. 2018 hatte die Weltraumbehörde NASA schließlich angekündigt, sie brauche mehr Zeit, um das Riesenteleskop zusammenzubauen. Auch die ursprünglich geplanten Kosten sind längst auf ein Vielfaches angewachsen. Inzwischen ist das Space Webb-Teleskop ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen, europäischen und der kanadischen Weltraumbehörde (NASA, ESA und CSA).
Weltraum-Teleskop mit 25 Quadratmeter großem Spiegel
Eines der wichtigsten Teile des Teleskops ist der Hauptspiegel. Er besteht aus 18 sechseckigen Segmenten, die im Weltraum entfaltet wurden. Zusammen haben sie einen Durchmesser von 6,5 Metern und eine Fläche von rund 25 Quadratmetern.
James Webb sucht nach den Anfängen des Universums
Das James Webb-Weltraumteleskop sucht nach dem Licht der ersten Sterne und Galaxien nach dem Urknall. James Webb nutzt vor allem den Infrarotbereich von Licht, um Galaxien und helle Objekte zu finden, die in der Frühzeit des Universums entstanden sind. Auch wie Sterne und Planeten entstehen, soll das Weltraum-Teleskop erkunden und dazu insbesondere protoplanetarische Scheiben um Sonnen in den Blick nehmen.
Die wissenschaftlichen Aufgaben des James Webb-Weltraumteleskops
- Suche nach dem Licht der ersten Sterne und Galaxien, die nach dem Urknall entstanden sind.
- Herausfinden, wie sich Galaxien von ihrer Entstehung an bis heute entwickelt haben.
- Beobachten, wie Sterne entstehen, beginnend bei den ersten Stufen der Bildung von Planetensystemen.
- Messen der physikalischen und chemischen Eigenschaften von Planetensystemen und die Erforschung, ob dort Leben möglich ist.
Webb liefert Bilder aus den Tiefen des Weltalls
Das James Webb-Weltraumteleskop ist der Erde immerhin so nah, dass die NASA mit einer hohen Datenübertragungsrate rechnen kann. Das Teleskop arbeitet zwar hauptsächlich im Infrarotbereich, es kann aber auch Bilder im sichtbaren Lichtspektrum aufnehmen. Seine Sensoren sind empfindlicher als die des Weltraumteleskops Hubble und mit seinem riesigen Spiegel kann es bis zu zehn Mal mehr Licht sammeln.
So kann James Webb das Licht von Objekten erfassen, die viel weiter entfernt sind als diejenigen, die Hubble gerade noch "sieht". Weiter entfernt bedeutet aber auch älter. Denn Licht braucht Zeit für seinen Weg durchs All zu uns. Ist eine Galaxie 10.000 Lichtjahre von uns entfernt, dann ist ihr Licht 10.000 Jahre zu uns unterwegs. Je weiter entfernt ein entdecktes Objekt ist, umso älter ist es dann auch - vielleicht ist es inzwischen sogar schon wieder verschwunden. Darum wird das JWST noch weiter in die Vergangenheit des Universums blicken, als Hubble das je konnte.
Instrumente des James Webb-Teleskops
- NIRCam (Near Infrared Camera): Die Infrarotkamera ist der wichtigste Bildlieferant des Teleskops. Das Instrument soll unter anderem das Licht der ersten Sterne nach dem Urknall aufnehmen.
- MIRI (Mid Infrared Instrument): Kombination aus Kamera und Spektrograf für Wellenlängen im Infrarotbereich. Damit sollen ähnlich spektakuläre Aufnahmen wie von Hubble möglich sein.
- NIRSpec (Near Infrared Spectograph): Das "Superauge" des Teleskops wurde im Auftrag der ESA in Ottobrunn und Friedrichshafen entwickelt. Es kann die schwächste Strahlung der ersten Galaxien analysieren und bis zu 100 Himmelskörper wie Galaxien oder Sterne gleichzeitig erfassen.
- FGS/NIRISS (Fine Guidance Sensor/Near InfraRed Imager and Slitless Spectrograph): Dieses Instrument dient der präzisen Ausrichtung des Teleskops.
Namensgeber James Webb
James Edwin Webb
James Webb, der Namensgeber des Weltraumteleskops
James Edwin Webb wurde 1906 in North Carolina geboren, studierte Erziehung und wurde später Pilot. Danach studierte er Jura und arbeitete für verschiedene Politiker in Washington. Ab 1944 kämpfte er als Pilot im Zweiten Weltkrieg.
Nach dem Krieg kehrte er zurück nach Washington, arbeitete im Finanzministerium und für Präsident Harry S. Truman. 1961 – nach einem Intermezzo in einem Erdölunternehmen – nahm er den Posten des Direktors der NASA an.
Strippenzieher für die Mondlandung
Webb kannte sich zwar kaum mit Raketentechnik aus, aber er verfügte durch seine jahrelange Arbeit in Washington über zahlreiche Kontakte in die Politik. Er wollte John F. Kennedys Wunsch wahr werden lassen: Den ersten amerikanischen Astronauten noch vor 1970 auf den Mond zu schicken. Dazu umwarb er Geldgeber und Entscheider, bis er schließlich das Apollo-Programm auf den Weg gebracht hatte.
Unglück am Boden
"Uns allen war klar, dass so etwas irgendwann einmal passieren würde, aber wer hätte gedacht, dass sich die erste Weltraumtragödie am Boden abspielen würde?", sagte James Webb am 27. Januar 1967 zu Reportern. Kurz zuvor war ein Feuer an Bord der Apollo 1-Kapsel ausgebrochen, bei dem alle drei Astronauten ums Leben kamen.
Enttäuschter Rücktritt
In den späten 1960er-Jahren bekam die NASA zunehmend Gegenwind. Weltraumvisionär John F. Kennedy war tot, die USA steckten mitten im Vietnam-Krieg und in der Öffentlichkeit kam die Frage auf, ob der Traum von der Mondlandung all die Millionen Dollar wirklich wert sei.
Im Oktober 1968 trat James Webb frustriert von seinem Posten als Direktor zurück: "Wir geben das Weltall auf, bevor wir überhaupt das erste Mal hingeflogen sind." Apollo 11 landete nur wenige Monate später, am 20. Juli 1969, auf dem Mond. James Webb starb 1992.