Lichtverschmutzung Weniger Licht ist gesünder - für uns und die Natur
Brauchen wir nicht mehr Licht bei Nacht, sondern weniger? Lichtverschmutzung macht uns Menschen krank, stört Ökosysteme und raubt uns die Sicht auf den Nachthimmel.

Unsere Erde wird auch als der blaue Planet bezeichnet: die blaue Murmel im Sonnensystem. Das gilt allerdings nur tagsüber. Nachts sollte eigentlich Finsternis herrschen - also schwarze statt blaue Murmel? Mitnichten. Dank Lampen, Lichtern, Straßenlaternen, Werbetafeln und Scheinwerfern ist unsere Welt auch nachts hell erleuchtet. Diese Lichtverschmutzung, auch Lichtsmog genannt, bereitet nicht nur uns Menschen Probleme.
Erleuchtung: Unsere Erde bei Nacht

Lichtverschmutzung ist vom Weltraum aus sichtbar. Diese Karte basiert auf mehreren Satellitenaufnahmen und zeigt die künstliche Lichtquellen.
Erleuchteter Nachthimmel? Die Milchstraße verschwindet

In Europa fast verschwunden: Blick auf die Milchstraße
Ab dem 19. Jahrhundert macht die Menschheit die Nacht zum Tag: Astronominnen und Astronomen waren wohl die ersten, für die das künstliche Licht auf der Erde ein Ärgernis darstellte. Es versperrte ihnen den ungestörten Blick auf den dunklen Nachthimmel. Konnten sie früher ihre Observatorien nahe von Städten errichten, haben sie sich inzwischen an die abgelegensten Orte der Erde geflüchtet. Doch auch für Hobby-Sternengucker bleibt die Lichtverschmutzung nicht ohne Folgen: Die Milchstraße verschwindet. Ein Drittel aller Menschen auf der Erde kann die Milchstraße nicht mehr sehen. Laut einem 2016 erschienenen Weltatlas der Lichtverschmutzung betrifft dies 60 Prozent aller Europäerinnen und Europäer. 99 Prozent aller in Europa ansässigen Menschen leben unter einem lichtverschmutzten Nachthimmel.
Helllichte Nacht? Lichtverschmutzung und die Folgen
Hellwach: Zu viel Licht kann schlecht für die Gesundheit sein

Licht bremst die Melatoninproduktion
Wir Menschen sind eigentlich tagaktive Organismen. Deshalb kann zu viel Kunstlicht bei Nacht auf Dauer krankmachen, sagen Schlafforscher. Denn nur in Dunkelheit produziert unser Körper das Schlafhormon Melatonin, das unseren Tag-Nacht-Rhythmus steuert - wie übrigens auch bei den Wirbeltieren. Licht bremst die Melatoninproduktion. Ohne Dunkelheit leben wir gegen unsere innere Uhr und schlafen zu wenig. Wir können uns nicht ausreichend erholen, unsere Zellen sich nicht genügend regenerieren. Zu viel Licht in der Nacht kann auf Dauer chronische Schlafstörungen auslösen.
Lichtverschmutzte Umwelt: Finsternis dringend gebraucht

Insekten wie Glühwürmchen werden durch die Lichtverschmutzung gestört
Ob es das Glühwürmchen ist, dessen Glimmen von potenziellen Partnern nicht gesehen wird, die Motten, die bis zur Erschöpfung um Straßenlaternen fliegen, die frisch geschlüpften Meeresschildkröten, die in Richtung hell erleuchtete Stadt statt gen Meer laufen, die Mistkäfer, die sich am Licht der Milchstraße orientieren oder die Zugvögel, die von Lichtkegeln in die Irre geführt werden: Lichtsmog bringt Ökosysteme durcheinander. Eine einzige Straßenlaterne kann in einer Sommernacht 150 Insekten auf dem Gewissen haben - und in Deutschland gibt es rund 7 Millionen Straßenlaternen. Die Lichtverschmutzung ist damit ein Puzzlestück der komplexen Problematik von Vogelsterben und Insektensterben. Auch Pflanzen brauchen die Dunkelheit, um sich von der Photosynthese und den Anstrengungen, kaputte Blätter und Stängel zu reparieren, zu erholen. Dauerbeleuchtete Pflanzen werden seltener bestäubt und bilden so weniger Früchte aus. Ihr jahreszeitlicher Rhythmus gerät aus den Fugen und sie verpassen den Herbst und den Frühling, werfen zu spät die Blätter ab oder entwickeln zu früh im Jahr neue Triebe.
Lichtverschmutzung: Leitfaden für mehr Dunkelheit
- Zum ersten Neumond im September findet die Earth Night statt: Menschen werden aufgerufen, ab 22.00 Uhr künstliches Licht soweit wie möglich zu reduzieren.
- LEDs sind als Lichtquellen zwar beliebt, da sie Energie sparen. Handelt es sich dabei aber um weiße LEDs, strahlen sie noch mehr blaues Licht ab als Natriumdampflampen oder Glühlampen. Der Blauanteil im Licht lockt besonders viele Insekten an. Deshalb sind LEDs nicht per se besser als andere Leuchtquellen - und schon gar nicht, wenn man sich immer hellere Lampen kauft, weil sie so günstig sind.
- Straßenlaternen mögen die Sicherheit erhöhen. Allerdings gehört ihr Licht nach unten, auf die Straße. Straßenlampen mit zu viel Streulicht in alle Richtungen helfen niemandem - nicht den Menschen, und schon gar nicht den Insekten, die aufgrund des künstlichen Lichts verenden.
- Bei künstlichem Licht ist grellweißes Licht ungünstig, gelblich-oranges ideal. Achten Sie beim Kauf auf die Kelvinzahl. Je niedriger diese ist, desto wärmer ist das Licht und desto besser für Natur und Tiere.
- Das künstliche Licht erhellt die Dunkelheit und versperrt uns so den Blick in den natürlichen Nachthimmel. Es gibt Initiativen, die diesen ungestörten Anblick gerne in einigen Regionen bewahren möchten, beispielsweise in speziell ausgewiesenen Sternenparks. Ihr herausragendes Merkmal: In ihnen wird es nachts noch richtig dunkel, sodass man auch leuchtschwache Himmelsobjekte, einen wahrhaft sternenübersähten Nachthimmel oder auch die Milchstraße sehen kann.
Licht aus! Ein Hoch auf die Finsternis
Eigentlich ist die Lichtverschmutzung ein einfach zu lösendes Problem. Lichtverschmutzung hinterlässt keinen Müll, keinen Gestank, muss nicht umständlich entsorgt werden. Wie wär's, Licht, das nicht notwendig ist, einfach auszumachen?
Suche nach Lichtsünden Unterwegs mit Deutschlands erster Nachtschutzbeauftragten
Mehr Wissen: Quellen und Infos
- Weltatlas der Lichtverschmutzung (science.org)
- Initiative gegen Lichtverschmutzung: Sternenparks (lichtverschmutzung.de)
- Licht aus! Earth Night Info (earth-night.info)