Mars Sample Return Rückkehr vom roten Planeten

Von: Franziska Konitzer

Stand: 04.10.2021

Im Rahmen des Mars Sample Return Programms wollen ESA und NASA erstmals Gesteinsproben vom Mars zur Erde bringen. Der erste Schritt Richtung Rückkehr ist bereits geschafft: Der Mars-Rover Perseverance bohrt den roten Planeten an.

So sieht es auf dem Mars aus. Diese Aufnahme wurde tatsächlich auf der Marsoberfläche angefertigt: Der Mars Rover Curiosity der US-Weltraumagentur NASA hat sie 2014 gemacht.  | Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Die Menschheit hat schon so Einiges zum Mars geschickt und dort ihre Spuren hinterlassen. Die Liste der künstlichen Objekte auf dem Mars umfasst derzeit 15 Raumsonden und deren Zubehör wie Hitzeschilde, Fallschirme - oder ihre Einzelteile, falls die Landung missglückt ist. Auch der im Februar 2021 auf dem Mars gelandete NASA-Rover Perseverance wird dort bleiben. Dennoch stellt Perseverance einen ersten Schritt Richtung Rückkehr dar. Die Weltraumagenturen ESA und NASA wollen im Rahmen des Mars Sample Return Programms nämlich zum Mars und zurück. Dabei geht es hauptsächlich um das Souvenir dieses interplanetaren Ausflugs: Erstmals sollen Gesteinsproben vom Mars zur Erde gebracht werden.

Angebohrt: Perseverance sammelt Gesteinsproben auf dem Mars

Ein Stück Marsgestein, zwei Löcher: Im September 2021 hat der Mars Rover Perseverance erstmals erfolgreich Gesteinsproben auf dem roten Planeten eingesammelt. In einen Stein bohrte der Rover zwei Löcher und füllte zwei Probenröhrchen mit dem Material. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte dies im Rahmen einer Mars Sample Return Mission abgeholt werden.  | Bild: NASA/JPL-Caltech

Der Anfang des Mars Sample Return Programms ist schon gemacht. Am 18. Februar ist die NASA-Raumsonde Perseverance auf der Marsoberfläche gelandet. Mit an Bord sind unter anderem ein kleiner Helikopter namens Ingenuity, der Flugversuche auf dem Mars durchführt, aber auch Probenbehälter. Im September 2021 hat Perseverance erstmals erfolgreich Marsgestein angebohrt und Gesteinsproben entnommen. Die Behälter mit dem wertvollen Marsgestein könnten zu einem späteren Zeitpunkt von einer anderen Mission eingesammelt und schließlich zur Erde zurückgebracht werden.

Mars vs. Erde: Der Mars von oben

In dieser Region soll der Marsrover Perseverance landen.  | Bild: ESA/DLR/FU-Berlin/NASA/JPL-Caltech

Streng genommen kennen wir die Oberfläche unseres Nachbarplaneten Mars besser als die unserer eigenen Erde. Tatsächlich ist die Marsoberfläche mithilfe von Raumsonden in seiner Umlaufbahn komplett kartiert, während die Erde zu rund zwei Dritteln von Wasser bedeckt ist und die Ozeanböden größtenteils nicht genau erfasst sind. Diese oberflächlichen Kenntnisse des Mars verraten Wissenschaftlern aber nicht alles, was seine Entwicklung angeht - warum er zum Beispiel genau wie die Erde wohl einmal flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche beherbergte, inzwischen aber nicht mehr. Wissenschaftler nutzen die Daten von Sonden aus der Marsumlaufbahn aber gerne, um potenziell spannende Landeplätze für ihre Raumsonden zu finden - so wie hier für die NASA-Mission Perseverance.

Schon da: Marsgestein auf der Erde

Dieser Marsmeteorit namens "Black Beauty" wurde 2011 in der Wüste Sahara gefunden.  | Bild: NASA

Dieser Marsmeteorit namens "Black Beauty" wurde 2011 in der Wüste Sahara gefunden.

Es gibt bereits Marsgestein auf der Erde. Sogenannte Marsmeteorite scheinen ursprünglich vom Mars zu stammen. Wie sie ganz allein zur Erde kommen? Nun, beispielsweise dadurch, dass ein größerer Asteroid auf dem Mars aufschlägt, durch den Einschlag Oberflächenmaterial hochschleudert, dieses vielleicht ein paar Millionen oder auch Milliarden Jahre durchs Sonnensystem driftet und irgendwann zufällig auf der Erde landet. Das allerdings passiert sehr selten. Von den weit über 60.000 bekannten auf der Erde gelandeten Meteoriten stammen unter dreihundert Stück wahrscheinlich vom Mars. Nur können sie aufgrund ihrer langen, beschwerlichen Reise verändert werden. Und hundertprozentig sicher, dass sie wirklich vom Mars kommen, kann man sich nie sein. Gesteinsproben dagegen werden frisch und direkt vor Ort in sichere Probenbehälter verpackt.

Geglückt: Mondgestein auf der Erde

Gesteinsproben von einem außerirdischen Himmelskörper sind eine Seltenheit. Zuletzt brachte die chinesische Raumsonde Chang'e-5 Mondgestein zur Erde.  | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Tpg

In diesem etwas angeschmauchten Raumgefährt befindet sich Mondgestein. Die chinesische Mission Chang'e-5 hat es vom Mond mitgebracht.

Möchte man Gestein in Reinform und sich nicht auf Meteoriten verlassen, die auf die Erde fallen, muss man es selbst vor Ort abholen. Gesteinsproben von einem anderen Himmelskörper einzusammeln, ist allerdings aufwändig. Denn es reicht nicht, nur auf einem Himmelskörper zu landen, sondern man muss von diesem auch wieder gen Erde starten können. Bislang wurde das nur beim Erdtrabanten, dem Mond, versucht. Die NASA-Astronauten nahmen in den 1970er-Jahren Mondgestein gleich kiloweise selbst mit, die damalige Sowjetunion schaffte mit Raumsonden immerhin einige hundert Gramm. Über fünfzig Jahre später schickte China seine Mondsonde Chang'e-5 einmal zum Mond und zurück. Die Sonde landete im Dezember 2020 wieder auf der Erde. Das lunare Souvenir waren etwa zwei Kilogramm Mondgestein, von dem sich Forscher Einblicke in die Entwicklungsgeschichte des Mondes und damit des ganzen Sonnensystems erhoffen.

Der Plan: Dreimal zum Mars, einmal Retour

Mars Sample Return
Programm | Bild: ESA NASA

Marsgestein direkt vor Ort abzuholen, ist noch einmal komplizierter als unseren Erdtrabanten anzubohren. So ist es mit einer einfachen Reise dortin nicht getan. Der derzeitige Plan sieht insgesamt drei Trips zum Mars vor. Daran arbeiten die europäische Weltraumbehörde ESA und die US-amerikanische Weltraumbehörde NASA gemeinsam. Während die Mars 2020 Mission in Form von Perseverance bereits 2021 am Mars ankommt und Proben sammeln soll, sollen die beiden weiteren Missionen erst später starten. Die Sample Retrieval Lander Mission der NASA wird die Proben einsammeln und gen Marsumlaufbahn schießen. Die Earth Return Orbiter Mission soll sie dort einsammeln und zur Erde bringen.

Mars Sample Return: Mars, Probe, Rückkehr

  • Mars Sample Return heißt "Programm" und nicht "Mission", weil es sich dabei um ein Programm handelt, das aus mehreren Missionen besteht.
  • Der derzeitige Plan sieht vor, dass die US-Weltraumbehörde NASA in einer Sample Retrieval Lander Mission ein Raumschiff gen Mars schickt, dass dort auf der Oberfläche landen wird. Mit an Bord: ein sogenannter Sample Fetch Rover, den die ESA zur Verfügung stellt. Dieser wird die Gesteinsproben einsammeln und zurück zum Landeplatz bringen.
  • Auch bei der Sample Retrieval Lander Mission dabei: das Mars Ascent Vehicle der NASA. Die Gesteinsproben würden im Mars Ascent Vehicle verstaut und dann in die Marsumlaufbahn geschossen werden.
  • Dort würde bereits der Earth Return Orbiter ERO warten. Dieser soll in einem separaten Trip von der ESA zum Mars geschickt werden. Seine Aufgabe: den etwa fußballgroßen Probenbehälter teils automatisch einzufangen und dann die Rückkehr zur Erde antreten.
  • Warum so umständlich? Weil es sehr viel mehr Treibstoff - und daher Gewicht! - kosten würde, ein Raumschiff zum Mars zu schicken, es dort landen zu lassen und dieses tonnenschwere Raumschiff per Direktschuss zurück zur Erde zu schicken.
  • Alleine der Earth Return Orbiter, der für die Rückführung der Proben zuständig ist, wird wohl eine Masse von rund sechs Tonnen haben.
  • Der Earth Return Orbiter selbst würde nach der Ankunft bei der Erde die Proben gen Erdboden schicken und sich selbst in einem "Friedhoforbit" um die Sonne parken.
  • Sollte alles nach derzeitigem Plan verlaufen, könnte in den 2030er-Jahren das steinige Souvenir vom Mars die Erde erreichen.
  • Das Mars Sample Return Programm wäre ein teures und extrem aufwendiges Unterfangen. Die ESA stellt dafür rund 1,5 Milliarden Euro bereit. Den Löwenanteil mit über 4,4 Milliarden US-Dollar würde allerdings die NASA stemmen.
  • Manche Wissenschaftler befürchten, dass die hohen Kosten des Projekts vor allem auf US-amerikanischer Seite dazu führen, dass weniger Geld für andere, wichtige Missionen übrig wäre.
  • Gesteinsproben vom Mars versprechen einzigartige wissenschaftliche Erkenntnisse, die mithilfe von Fernerkundungsmethoden oder auch Sonden auf der Marsoberfläche aber kaum zu gewinnen sind.
  • Gesteinsproben von anderen Himmelskörpern sind von wissenschaftlich unschätzbarem Wert. Das Mondgestein, das NASA-Astronauten vor rund fünfzig Jahren zur Erde brachten, verhilft immer noch zu neuen wissenschaftliche Erkenntnissen.
  • Die wissenschaftliche Erkenntnis ist die eine Seite. Die andere ist eher technologischer Natur: Will man eines Tages wirklich Menschen zum Mars schicken, sollte man zuvor erst einmal die Rückkehr zur Erde geprobt haben - und sei es auch "nur" mit einem fußballgroßen Probenbehälter.
  • Pläne für derartige Missionen und Programme gibt es allerdings schon seit Jahrzehnten. Geklappt hat es bislang noch nie.
  • Das Mars Sample Return Programm ist bislang auf einem guten Weg. Immerhin läuft die US-Mission Perseverance bereits, die die Gesteinsproben sammeln soll. In komplett trockenen Tüchern aber ist das Programm noch nicht, auch wenn die Vorbereitungen dafür bereits laufen.
  • Viel Zeit für den Start des restlichen Programms bleibt nicht mehr: 2026 wäre ein günstiges Startfenster für die beiden verbleibenden Trips zum Mars im Rahmen des Mars Sample Return Programms.

2026: Wann geht's los gen Mars?

"Günstige Startfenster für eine Reise zum Mars gibt es alle 26 Monate. Aber derartige Zeitfenster sind aufgrund der Stellung der Planeten im Sonnensystem zueinander nicht alle gleich günstig. Die Besten gibt es nur etwa alle sechzehn Jahre. Das Gleiche gilt für eine Rückreise vom Mars. Wenn wir nicht im Zeitraum von 2026 bis 2028 starten, würde der Earth Return Orbiter viel mehr Treibstoff benötigen. Mehr Treibstoff würde das Raumschiff aber sehr viel schwerer machen. Und das derzeitige Design von ERO ist jetzt schon eine Herausforderung für unsere geplante Rakete."

Albert Haldemann, Chefingenieur der Mars Exploration Group, ESA

Rückweg: Vom Mars gen Marsumlaufbahn

In dieser künstlerischen Darstellung ist es bereits soweit: Das Mars Ascent Vehicle (MAV) der NASA schießt die auf dem Mars gesammelten Gesteinsproben gen Marsumlaufbahn. | Bild: NASA/JPL-Caltech

In dieser künstlerischen Darstellung ist es bereits soweit: Das Mars Ascent Vehicle wird mit den Gesteinsproben gen Marsumlaufbahn geschickt.

3, 2, 1... Liftoff! Der Raketenstart vom Mars

"Ein Highlight wird sicherlich der Raketenstart vom Marsboden werden. Ein Rover auf dem Mars wird eine Videokamera dabei haben und diesen Start filmen. Natürlich müssen wir dann erst warten, bis diese Daten in den Tagen nach dem Start zur Erde übermittelt werden, aber einen Raktenstart von einem anderen Planeten zu beobachten, wird toll! Der Raketenstart vom Mars ist die Aufgabe der NASA. Die europäische Herausforderung wird dann sein, dieses etwa fußballgroße Objekt mit den Marsproben in der Marsumlaufbahn einzusammeln."

Albert Haldemann, Chefingenieur der Mars Exploration Group, ESA

Zurück zur Erde: Ein Raumschiff für die Rundreise zum Mars

Der Earth Return Orbiter ERO soll im Auftrag der ESA von Airbus gebaut werden. | Bild: Airbus

Der Earth Return Orbiter ERO soll im Auftrag der ESA von Airbus gebaut werden. Er soll die Gesteinsproben vom Mars zur Erde bringen.

Hin und zurück: Mars Sample Return mit dem Earth Return Orbiter

"Wir müssen für den Earth Return Orbiter zwar keine Technologien komplett neu entwickeln. Aber die existierenden Technologien für den Antrieb des Raumschiffs müssen weiter entwickelt werden, da noch nie ein Raumschiff zum Mars und wieder zurückgeflogen ist. Deshalb sind die verschiedenen Antriebsmöglichkeiten wichtig. Der Weg ist weiter, und das Raumschiff ist schwerer, da es mehr Treibstoff an Bord haben muss. Es kommt auch ein elektrischer Antrieb mithilfe von Solarpaneelen zum Einsatz, mit dem unter anderem die Manöver in der Marsumlaufbahn durchgeführt werden sollen. Diese Paneele werden eine Fläche von 144 Quadratmeter haben - und übrigens in Ottobrunn bei München gebaut werden."

Christian Lebranchu, Projektmanager für ERO, Airbus