Tiere im Krieg Hunde, Tauben und Delfine als Waffen

Von: Tanja Fieber, Franziska Konitzer

Stand: 30.05.2023 14:02 Uhr

Hannibals Kriegselefanten haben die Alpen überquert, um gegen die Römer anzutreten. Pferde, Esel und Hunde schleppten jahrhundertelang Verpflegung, Munition und Soldaten an die Front oder in schwer zugängliche Gebiete. Hunde wurden als lebende Bomben ins Feld geschickt. Aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten und scharfen Sinne wurden Tiere trainiert, um im Krieg als Boten, Spione, Wächter, Sanitäter und Minen-Suchdienst zu arbeiten - auch im Wasser, wo das Militär auf Delfine oder Belugas setzt. So verloren Millionen von Tieren ihr Leben im Kriegsdienst

Einsatzhund der Bundeswehr: Ein Soldat der Bundeswehr mit einem Einsatzhund, aufgenommen im Rahmen der Bundeswehrübung 'Schneller Adler' in Barth, 05.05.2022. Die Übung 'Schneller Adler' simuliert eine Evakuierung deutscher Staatsbürger aus einem fiktiven Krisenland innerhalb kurzer Zeit. | Bild: picture alliance / photothek | Florian Gaertner

Delfine im Krieg: Kampfdelfine gegen die Ukraine

Dieses Bild zeigt keinen russischen Kampfdelfin, sondern einen Delfin, der zusammen mit fünf weiteren Artgenossinnen und -genossen aus im April 2022 der von Russland angegriffenen ukrainischen Stadt Charkiw evakuiert worden war.  | Bild: picture alliance / Photoshot | -

Dieser Delfin wurde im April 2022 aus der angegriffenen ukrainischen Stadt Charkiw evakuiert. Gerüchteweise setzt Russland Delfine im Krieg ein.

In seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt Russland offenbar auch auf tierische Unterstützung. Das Land hat vom Militär trainierte Delfine zu Beginn des Krieges gegen die Ukraine an der Einfahrt zum Hafen von Sewastopol stationiert. Darauf deuten nach Angaben der Tagesschau Satellitenaufnahmen hin, die zwei Unterwassergehege zeigen. Aufgaben der Delfine könnte es sein, dort feindliche Taucher abzuwehren, Waffen aufzuspüren oder Minen gegen feindliche Schiffe abzusetzen.

Wal Hvaldimir als Spion?: ein russischer Beluga vor Norwegens und Schwedens Küste

Belugas oder Weißwale sind normalerweise in arktischen und subarktischen Gewässern beheimatet - vor allen vor den Küsten Russlands, Alaskas und Kanadas.  | Bild: picture alliance/dpa/TASS | Yuri Smityuk

Belugas oder Weißwale sind in arktischen und subarktischen Gewässern beheimatet. Hier jagt ein Beluga in der Amurbucht westlich von Wladiwostok.

Ende April 2019 sichtete die norwegische Küstenwache vor der norwegischen Küste (Region Finmark) wiederholt einen Beluga (Weißwal). Er war zahm und näherte sich neugierig Fischerbooten. Dabei war zu sehen, dass der Wal ein Geschirr mit Kamerahalterung trug, auf dem in englischer Sprache "Equipment St. Petersburg" stand. Biologen befreiten den Wal schließlich von seiner Ausrüstung und untersuchten diese. Seither wird spekuliert, ob der Wal von der russischen Marine ausgebildet worden war, um vor der Küste Norwegens zu spionieren. Aus Russland kam laut Nachrichtenagentur dpa bisher kein Kommentar zu den Spekulationen.

Woher der Belugawal kommt, ist bis heute nicht bekannt. Das Tier hielt sich lange vor der Küste Norwegens auf und schwamm Ende Mai 2023 plötzlich an die Westküste Schwedens (bei Kungshamn). Warum ist unklar. Auffällig ist, dass der Wal an Menschen gewöhnt ist und sogar Handys von Touristen zurückgebracht hat, wenn die Geräte ins Wasser gefallen sind. Der Wal bekam den Namen "Hvaldimir". 'Hval' steht für das norwegische Wort für Wal, 'dimir' für den Vornamen des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Keine Friedenstaube: Tauben im Krieg

Während des Ersten Weltkrieges wurden auch Tauben als Boten eingesetzt. | Bild: picture alliance / Mary Evans Picture Library | -

Auch aus Panzern konnten Tauben gen Feldlager starten - so wie hier in Frankreich im Jahr 1918 während des Ersten Weltkriegs.

Tauben können bis zu 100 Stundenkilometer schnell fliegen, außergewöhnlich gut sehen und sich hervorragend orientieren. Im Ersten Weltkrieg wurden sie an mobile Holzkisten als Heimatschlag gewöhnt, die 15 bis 20 Kilometer von der Front entfernt aufgestellt wurden. Für Einsätze wurden die Tiere dann in kleinen Körben an die Front und in die Schützengräben mitgenommen. Von dort konnte man sie mit Botschaften zurück ans Feldlager schicken. Die Tiere waren die einzige Möglichkeit zur Kommunikation, wenn der Feind die Telegrafenleitungen zerstört hatte.

Auf Aufklärungsflug: Taube statt Drohne

Deutsche Soldaten während des Ersten Weltkrieges, mit Taube in der Luft | Bild: picture alliance / akg-images | akg-images

"Eine Sonderform waren Tauben, die über die Frontlinie flogen und mit automatisch auslösenden Kameras bestückt wurden, also Mini-Kameras. Heute würde man das mit Drohnen machen. Und da hatte man eben Luftbilder der Frontlinie und von der gegnerischen Stärke und dort, wo sich der Gegner positioniert hatte."

Rainer Pöppinghege, Historiker und Professor an der Universität Paderborn

Erleuchtet: Glühwürmchen im Ersten Weltkrieg

Glühwürmchen in der Paarungszeit senden Leuchtsignale aus. Im Ersten Weltkrieg nutzten britische Soldaten sie angeblich als Lichtquelle | Bild: picture alliance/dpa | Jesus Alvarado

Heutzutage bitte nicht mehr in ein Glasgefäß stecken: Glühwürmchen leuchten nur während der Paarungszeit

Um die Geheim-Botschaften, Karten und Feldpost lesen zu können, brauchten die Soldaten in Schützengräben, in Tunneln, in Verstecken und im Lager Licht. Lampen konnten sie nicht anmachen, sonst hätte der Feind sie gesehen. Deshalb wendeten britische Soldaten im Ersten Weltkrieg eine List an. Sie nutzten die besondere Fähigkeit eines ganz besonderen Tieres: Glühwürmchen! Die Leuchtkäfer, der Name sagt es schon, können durch Biolumineszenz hell leuchten. Britische Soldaten fingen haufenweise Tiere ein und steckten sie in Glasgefäße. So hatten sie kurzzeitig Licht.

Storch als Spion: Wissenschaft statt Waffe

Dieser Storch war kein Spion, sondern lediglich zu Forschungszwecken mit einem GPS-Sender ausgestattet.  | Bild: picture alliance / AP Photo | Uncredited

Kein Spion, aber dieser Storch hat auch einen Auftrag: Die Forschung mit einem GPS-Sender und Daten unterstützen.

Im Jahr 2013 geriet ein Storch auf Wanderschaft unter Spionageverdacht. In der ägyptischen Provinz Qina wurde das Tier bei der Polizei zunächst in Gewahrsam genommen. Auf seinem Rücken befand sich ein verdächtiges "elektronisches Gerät" - das sich allerdings nicht als geheimes Spionagewerkzeug erwies, sondern als GPS-Sender. Obwohl der Storch freigelassen wurde, gab es für das Tier trotzdem kein Happy End: Wenige Tage später wurde er auf einer Nil-Insel von Menschen eingefangen, getötet und gegessen.

Sergeant Stubby: Ein Hund mitten im Ersten Weltkrieg

Nach dem Krieg wurden dem US-amerikanischen Hund "Sergeant Stubby" zahlreiche Ehren zuteil. Hier nimmt er an einer Parade teil.  | Bild: picture alliance/AP Photo | Uncredited

Nach dem Krieg wurden dem US-amerikanischen Hund "Sergeant Stubby" zahlreiche Ehren zuteil. Hier nimmt er an einer Parade teil.

Im Ersten Weltkrieg bekamen Hunde verschiedene Jobs. Als Meldehunde waren sie an der Front Boten. Als Sanitätshunde versorgten sie als Sanitäter verletzte oder kranke Soldaten. Aufgrund ihres guten Geruchssinns warnten Hunde vor Giftgas sowie als Patrouillenhunde vor Feinden, außerdem bewachten sie Kriegsgefangene.

So machte sich auch der US-amerikanische Bullterrier "Sergeant Stubby" im Ersten Weltkrieg einen Namen und erhielt mehrere Auszeichnungen. Unter anderem soll das Tier einen deutschen Spion aufgespürt und in Schach gehalten haben, bis Verstärkung kam. "Sergeant Stubby" wurde mit einem Nachruf in der New York Times geehrt, als er 1926 starb. Heute steht er präpariert im National Museum of American History. 2018 wurde sein Leben mit dem Animationsfilm "Sgt. Stubby, an American Hero" verfilmt.

Elefanten: Tiere als Soldaten in der Antike

218 v. Chr. überquerte der karthagische Kriegsherr Hannibal mit seinem Heer die Alpen, um gegen die Römer zu kämpfen. Mit dabei: 37 Kriegselefanten.  | Bild: picture-alliance / Mary Evans/Raymond Sheppard Coll | -

218 v. Chr. überquerte Hannibal mit seinem Heer die Alpen, um gegen die Römer zu kämpfen. Mit dabei: 37 Kriegselefanten.

In der Antike wurden Elefanten als Waffe eingesetzt, zum Beispiel von Hannibal in der Schlacht gegen die Römer. Die kräftigen Riesen sollten die Gegner zu Tode erschrecken und als Kampfpanzer zertrampeln. Zur Gegenwehr bauten die Angegriffenen Gräben, die die schwerfälligen Tiere nicht überqueren konnten. In antiken Quellen ist auch zu finden, dass Elefanten eine Achillesferse haben sollen: Ihre Angst vor Schweinen. Wenn sie Schweine quieken hörten oder sie rennen sahen, sollen die schreckhaften Elefanten angeblich in Panik geraten sein und eigene Soldaten zertrampelt haben. Später wurden die Tiere nicht mehr in Kriegen eingesetzt, weil sie in der Haltung und in der Dressur aufwendig waren.

Roboter statt Hund: Werden Tiere durch Roboter ersetzt?

Die US Marines haben Übungen mit einem Roboterhund namens "Spot" durchgeführt.  | Bild: picture alliance / dpa | Defense Media Activity / Cpl. Er

2015 führte das US-Militär Übungen durch, bei dem menschliche Soldaten von einem Roboter statt einem Hund unterstützt wurden.

Cyborg-Kriegstiere: Wie wird der Krieg der Tiere in Zukunft aussehen?

"Ich bin der Meinung, dass Tiere nach wie vor in Einsatz kommen, aber es sich um andere Tierarten handelt. Dass dann eher genetisch modifizierte Tiere zukünftig vermehrt in Einsatz kommen, da bin ich mir ziemlich sicher, also so Cyborg-artige Tiere, die durch Menschenhand verändert werden." Malin Gewinner, Autorin des Buches "Die Anthropomorpha: Tiere im Krieg"

Animals in War Memorial: Ein Denkmal für Tiere im Krieg

Tiere im Krieg: Das Animals in War Memorial gedenkt den Tieren in menschlichen Kriegen.  | Bild: picture alliance / empics | Yui Mok

"Sie hatten keine Wahl": Das Animals in War Memorial in London gedenkt den Tieren in menschlichen Kriegen.

Im November 2004, zum Gedenken an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor 90 Jahren, weihte Prinzessin Anne im Londoner Hyde Park ein ungewöhnliches Denkmal ein: Das "Animals in War Memorial" erinnert an die Kriegseinsätze von Tieren. Abgebildet sind Pferde, Hunde, Elefanten, Kamele, Tauben und Glühwürmchen. Das Denkmal trägt zwei Inschriften. Die erste heißt: "Dieses Denkmal ist allen Tieren gewidmet, die zu allen Zeiten in Kriegen und Konflikten den britischen und alliierten Streitkräften dienten und starben." Die zweite lautet: "Sie hatten keine Wahl."

Mehr Wissen: Quellen und Sendungen

Kampfdelfine für Putins Flotte (tagesschau.de)
Die CIA wollte Tiere als Geheimwaffe (dpa)
The Animals War Memorial, London (animalsinwar.org.uk)
Sergeant Stubby: Dog, Hoya mascot, and war hero (National Museum of American History)
Kriegstaube Cher Ami (National Museum of American History)
"Multitalent Pferd - Freund, Lasttier und Kriegsgerät": radioWissen, Bayern 2, 07.10.2022, 9.05 Uhr
"Leuchten - von tanzenden Glühwürmchen und blinkenden Fischen": Wie die Tiere, Bremen Zwei, 02.01.2022
"Tiere als Waffe - von gefiederten Helden und tödlichen Vierbeinern": radioWissen, Bayern 2, 11.10.2019, 9.05 Uhr