Feinstaub und Stickoxide Dieselmotoren und GDI-Motoren im Vergleich
Bei Motoren wurde der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben: Moderne GDI-Motoren, sogenannte Direkteinspritzer, stoßen mehr Feinstaub und dazu noch krebserregende Substanzen aus als moderne Dieselmotoren mit Partikelfilter.

Benzin-Direkteinspritzer gleichen damit ungefilterten Diesel-Fahrzeugen von vor 15 Jahren. Zu diesem fatalen Ergebnis kommt das Schweizer Forschungsprojekt GasOMeP. Das GasOMeP-Team (Gasoline Vehicle Emission Control for Organic, Metallic and Particulate Non-Legislative Pollutants) untersuchte unter der Leitung des Chemikers Norbert Heeb von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) von 2013 bis 2017 Motoren. Darunter waren sieben Benzin-Motoren (GDI-Motoren) aus vier verschiedenen Generationen und ein moderner Diesel-Motor mit Partikelfilter. Mit dieser Auswahl konnten die Forscher die Technik der vergangenen 20 Jahre mit einem modernen Diesel-Fahrzeug vergleichen.
4 Motor-Generationen im Abgas-Test
Getestet wurde der GDI-Pionier von Mitsubishi aus dem Jahr 1997 (Mitsubishi Carisma, 1.8 L, Euro-3) und insgesamt sechs weitere GDI-Motoren (Euro-4, -5 und Euro-6). Verglichen wurden die Abgaswerte der Fahrzeuge mit Direkteinspritzer-Motoren mit einem Euro-5 Diesel-Motor, der einen modernen Partikelfilter hat (Peugeot 4008, 1.6 L).
Feinstaub und krebserregende Substanzen
In den Abgas-Tests haben die GasOMeP-Forscher Feinstaub gefunden, genauer feine Rußpartikel, auch Nanopartikel genannt. Diese sind 10 bis 20 Nanometer groß und häufen sich zu 80 bis 100 Nanometer großen Partikelklumpen an, bevor sie über den Auspuff ausgeblasen werden. Das Problem: Die Nanopartikelklumpen gelangen in die Lungenbläschen und können nicht wie gewöhnlich abgehustet werden. Das schafft die Lunge nur bei Partikeln mit einer Größe von mehr als 200 Nanometern. Die Partikel lagern sich im Körper an und können aufgrund ihrer Größe sogar in den Blutkreislauf gelangen. Im Gepäck haben sie krebserregende Substanzen wie zum Beispiel Benzo(a)pyren und Dibenzo(ah)anthracen. Benzo(a)pyren ist das krebserregende Verbrennungsprodukt in Zigaretten.
Feinstaub und Stickoxide
Nun stellt sich die Frage: Was ist schädlicher, der feine Feinstaub aus Benziner-Abgasen oder Stickoxide aus Dieselmotor-Abgasen? Sind doch Dieselmotoren aufgrund der Stickoxid-Emissionen in den vergangenen Jahren massiv in die Kritik geraten. Die Gase können Atemwege und Augen reizen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenprobleme verursachen.
Antwort 1: Beide Schadstoffe sind gefährlich für den Menschen. Diesel-Fahrzeuge stoßen zehnmal mehr Stickoxide aus als Benziner. Sie sind problematisch für Kranke, Asthmatiker und Babys. Bei der derzeit grassierenden Stickoxid-Diskussion sollte die Problematik von Feinstaub nicht in Vergessenheit geraten. Zumal die in den Abgas-Tests gefundenen Rußpartikel so klein sind, dass sie tiefer in den Körper eindringen können und sich dort anhäufen. Zusätzlich haben sie noch krebserregende Substanzen im Gepäck - und erfüllen damit die Funktion von trojanischen Pferden.
Diskussion um Stickstoffdioxid-Grenzwerte entbrannt
Für die Außenluft gilt ein Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Der Wert schließt auch die Schwächsten der Gesellschaft ein: Kranke und Kinder. Für Büroräume gilt ein Grenzwert von 60 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Für Industrie-Betriebe bis zu 950 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bei vorgegebenen Arbeitszeiten.
Während das Umweltbundesamt (UBA) die Stickoxid-Belastung in Deutschland für Krankheiten von Millionen von Menschen und Tausende Tode verantwortlich macht, hält der Lungenarzt Dieter Köhler die Diskussion für unwissenschaftlich: "Man macht aus einer zufälligen Korrelation eine Kausalität, für die es keine Begründung gibt. Im Gegenteil: Man kann das sogar sehr gut widerlegen." Der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) fordert eine generelle Überprüfung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte. Köhlers Kritik haben sich inzwischen mehr als 100 weitere Lungenfachärzte und Aerosolforscher angeschlossen und ein Positionspapier unterzeichnet.
Antwort 2: Sowohl Feinstaub wie Stickoxide sind umweltschädlich und gesundheitsschädlich. Moderne Dieselmotoren mit Filter überschreiten die EU-Grenzwerte für saubere Luft um das 45-fache, GDI-Motoren ohne Filter um das 270- bis 1.700-fache. Galten früher Diesel-Fahrzeuge als „Dreckschleudern“, kann man heutzutage Direkteinspritzer ohne Filter so nennen.
"Man muss beide Schadstoffgruppen behandeln, versuchen mit Abgasnachbehandlung beide Gruppen zu entfernen."
Norbert Heeb, Chemiker, Empa, Schweiz
Filter keine Standardausrüstung bei neuen GDI-Motoren
Für die Abgas-Forscher ist es „schwierig zu verstehen“, warum die neuen GDI-Motoren nicht von Anfang an und standardmäßig mit Partikelfiltern ausgestattet wurden. Sie werden standardmäßig für Diesel-Fahrzeuge gebaut und sind vergleichsweise billig in der Herstellung. Die Forscher um Norbert Heeb kritisieren auch, dass die Autoindustrie nur neue Fahrzeuge mit Filtern ausrüsten will. Nachrüsten älterer Direkteinspritzer ist nicht vorgesehen. Damit wird ein dringliches (Gesundheits-)Problem um mehr als zehn Jahre verschleppt:
"Neu im Markt eingeführte Abgastechnologien brauchen in der Regel 13 Jahre, bis sie ihre Wirkung vollständig entfalten, erst danach sind neun von zehn Autos aus dem Fahrzeugbestand ersetzt. Je früher also Partikelfilter für Benziner zur Pflicht werden, desto besser für unser aller Gesundheit."
Norbert Heeb
Link-Tipps
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