Homeoffice und Büro So bleibt ihr beim Arbeiten zuhause gesund

Von: Leander Beil

Stand: 13.01.2022

Homeoffice oder flexibles Arbeiten - die Arbeitswelt hat sich durch die Corona-Pandemie verändert. Ein Blick auf die Gesundheit zeigt: Das hat Vor-, aber auch Nachteile. So bleibt ihr beim Arbeiten gesund.

Mann arbeitet im Homeoffice an einem Schreibtisch | Bild: colourbox.com/225143

Homeoffice ist mittlerweile für viele Menschen alltäglich. Laut einer Online-Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung arbeiteten Anfang 2021 knapp ein Viertel der befragten Erwerbstätigen in Deutschland ausschließlich oder überwiegend im Homeoffice. Bis Juli 2021 sank der Wert zwar wieder auf 15 Prozent, vor der Corona-Krise machte er jedoch gerade mal vier Prozent aus. Was bedeutet das für eure Gesundheit?

Audio: Flexibel arbeiten - von der Stechuhr zum Coworking Space

Gesundes Pensum: So viel solltet ihr arbeiten

Beleuchtet bei Nacht | Bild: picture alliance / imageBROKER | Helmut Meyer zur Capellen

Gesund bleiben beim Arbeiten: Wer täglich von morgens bis abends arbeitet, erhöht das Risiko für Schlaganfall und Herzkrankheit.

Wer beim Arbeiten gesund bleiben will, sollte vor allem nicht zu lange arbeiten. Die jüngsten Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zeigen, dass lange Arbeitszeiten in engem Zusammenhang mit Todesfällen durch Schlaganfall oder Herzkrankheiten stehen. Ein Pensum von mehr als 55 Stunden pro Woche - im Vergleich zu einer 35- bis 40-Stundenwoche - erhöht das Risiko, an einem Schlaganfall zu sterben, um 35 Prozent. Um 17 Prozent wird es wahrscheinlicher, einer koronaren Herzerkrankung zu erliegen.

Video: Homeoffice oder zurück ins Büro - wo arbeitet ihr lieber?

Lärmende Kollegen: Großraumbüros stressen

Gesund arbeiten | Bild: BR/Fabian Stoffers

Großraumbüro: Forscher können zeigen, dass die Arbeitenden dort vermehrt Stress ausgesetzt sind.

Doch nicht nur die reine Arbeitszeit, sondern auch das Umfeld am Arbeitsplatz beeinflusst das Wohlbefinden. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der übliche Lärm in Großraumbüros vermehrt Stress hervorruft: Dafür simulierten die Forscher eine Büroumgebung, um die Auswirkungen von typischem Großraumbüro-Lärm mit denen eines ruhigeren Privatbüros zu vergleichen.

Das Ergebnis: Die Stimmungslage der Probanden verschlechterte sich um 25 Prozent und die Schweißproduktion nahm um ganze 34 Prozent zu – eindeutige Zeichen für erhöhten Stress. Und ein chronisch erhöhtes Maß an physiologischem Stress wiederum ist schädlich für die geistige und körperliche Gesundheit.

Dauernd sitzen Rückenfreundlicher Arbeitsplatz

Am Tisch  | Bild: picture-alliance/dpa

Ein ergonomischer Sitzplatz ist wichtig.

Wer am Küchentisch gekrümmt vor einem Laptop sitzt, auf einem harten Küchenstuhl, riskiert Rückenschmerzen. Selten sind Rückenprobleme die Folge eines Unfalls oder einer Krankheit wie Rheuma, Arthrose oder Osteoporose. Sie entstehen - laut Robert Koch-Institut - ganz unspektakulär, meist durch Sitzen und Bewegungsmangel. Eine spanische Studie aus dem Jahr 2020 zeigt für Deutschland, dass fast 60 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen zu den "Dauersitzern" gehören. Da hilft nur regelmäßiges Aufstehen und Rumlaufen, zumindest zum Briefkasten und zurück.

Homeoffice: In Großraumbüros leidet das Zwischenmenschliche

Dr. Hannah Schade, Sozialpsychologin, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund | Bild: BR

Dr. Hannah Schade, Arbeitspsychologin vom Leibniz-Institut Dortmund

"Großraumbüros sind nicht der Goldstandard für Arbeiten. Der Studien-Konsens ist: Großraumbüros stressen die Leute. Je mehr Leute da sind, umso weniger - witzigerweise - Austausch passiert zwischen den Leuten. Sobald da ein Büro ist von vier oder mehr Leuten, hat man das Gefühl, alle zu stören, wenn man einer Person eine Frage stellt. Dann weicht man ohnehin eher auf digitale Kommunikationsmedien aus." Dr. Hannah Schade, Arbeitspsychologin vom Leibniz-Institut Dortmund

Homeoffice Länger und besser schlafen

Menschen schlafen seit Corona länger | Bild: picture alliance / Zoonar | OKSANA SHUFRYCH

Homeoffice: Die meisten Menschen schlafen länger.

Die Corona-Pandemie mit ihren Infektionsschutzmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen hat dazu geführt, dass viele Büros ins Zuhause verlegt wurden. Zwar war und ist die psychische Belastung mitunter hoch, doch die Arbeitsplatzverlagerung hat auch einen Vorteil: Neuere Untersuchungen zeigen, dass Arbeitnehmer im Homeoffice länger und teilweise besser schlafen.

Und das ist ziemlich wichtig, sagt Hannah Schade. Die Schlafqualität lasse auch darauf schließen, wie gut sich der einzelne im Arbeitsalltag einbringen kann. Schlaf sei wichtig für das Gedächtnis, das Immunsystem, das Wohlbefinden, aber auch die Impulskontrolle.

Arbeiten zu Hause: Wie geht es den Menschen im Homeoffice wirklich?

"Ich würde das als Erfolgsgeschichte einordnen. Der Anpassungsprozess war von einigen Schwierigkeiten begleitet, aber nach einer Phase hoher psychischer Belastung scheinen sich die Menschen an den neuen Arbeitsalltag gewöhnt zu haben. Und die Leute sind im Homeoffice produktiver und zufriedener."

Dr. Hannah Schade, Arbeitspsychologin vom Leibniz-Institut Dortmund

Einsamkeit in den eigenen vier Wänden: Gut integrierte Mitarbeiter bleiben in Kontakt

Auch die vermeintliche Homeoffice-Einsamkeit scheinen die Menschen gut zu verkraften: In einer noch unveröffentlichten Untersuchung, die die Arbeitspsychologin gemeinsam mit anderen Forschern durchgeführt hat, habe sich gezeigt, dass Menschen, die schon vor der Homeoffice-Zeit guten Kontakt zu Kollegen hatten, diesen auch im Remote-Setting zu Hause gut halten konnten.

Tipps fürs Homeoffice Darauf solltet ihr beim Arbeiten zuhause achten


  • Den Arbeitstag strukturieren: Es ist wichtig, feste Arbeits- und Pausenzeiten festzulegen. Denn sonst verschwimmen Arbeit und Erholung. Und das kann auf Dauer zum Problem werden.
  • Einen festen Arbeitsplatz einrichten: Den Arbeitsplatz auf die individuelle Größe abstimmen, Sitzposition und Lichtverhältnisse anpassen - dann kann es losgehen. Ständig zwischen Sofa und Küchentisch zu wechseln, das können Experten hingegen nicht empfehlen.
  • Sich ausreichend bewegen: Mal kurz Luft schnappen gehen oder um den Block joggen, das hilft. Denn Bewegung ist gut für die Konzentration und hilft beim Abschalten.
  • Feierabend machen: Abgeraten wird davon, kurz vorm Schlafen "noch schnell" E-Mails zu checken. Denn Abschalten ist wichtig fürs Gesundbleiben. Auch hier sollte strikt getrennt werden zwischen Arbeit und Freizeit.

Arbeitsplatzgesundheit: Wie sollten wir künftig am besten arbeiten?

Bleibt die Frage nach der Zukunft des gesunden Arbeitens. Hannah Schade geht von einer Kombination aus Homeoffice und Büropräsenz aus. Dabei sei besonders das aktivitätsbasierte Arbeiten eine Möglichkeit, also das gezielte Treffen mit Kollegen zum Brainstormen oder Spazierengehen.

Für Falk Eckert, Arbeitssoziologe am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung in München, kommt es jedoch letztlich immer auf die individuelle Arbeitssituation an. Egal, ob Büro, Homeoffice oder gar standortungebundenes Arbeiten, wichtig ist, dass man alle Beteiligten im Arbeitsumfeld mit ins Boot holt. Beschäftigte brauchen Handlungs- und Gestaltungsspielräume, damit sie ihrer Arbeit gerecht werden können.

Gesagt: Der Arbeitende braucht Vertrauen

"Es muss vom Menschen her gedacht werden. Ich kann eine neue Technologie oder eine neue Organisationsform einführen und das meinen Mitarbeitern vorsetzen oder ich kann ihnen die Möglichkeit geben, sich die Sachen anzueignen und mitzugestalten. Man sieht dann: Das geht und das nicht. Und das geht nur in einer offenen Organisation mit einem gewissen Maß an Vertrauen."

Falk Eckert, Arbeitssoziologe am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung