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Unser Land Bayern Zachäus, Springnudel und Betteltanz – Kirchweih am Ammersee

Am dritten Sonntag im Oktober hängt der „Zachäus“ vom Raistinger Kirchturm. Wenn die rot-weiße Fahne weht, wird der Kirta, die Kirchweih, gefeiert. Zuerst im Gotteshaus, danach daheim mit Schmalznudeln, die hier Springnudeln heißen, und später auf dem Tanzboden mit dem ausgelassenen Kirchweihtanz.

Von: Albert Tafertshofer, Albert Bichler & Volker Eklkofer, ein Film von Claudia Wolf

Stand: 24.09.2012

Der "Zachäus", eine rotweiße Fahne hängt am Raistinger Kirchturm | Bild: BR

Der dritte Sonntag im Oktober ist, wie in anderen katholischen Pfarreien, auch in Raisting ein herausragender Tag im Festkalender. Es wird das Kirchweihfest gefeiert. Das äußerliche Signal ist alljährlich der "Zachäus", die rot-weiße Kirchweihfahne, die von einem jungen Mann aus dem Kirchturm gehängt wird. Sie erinnert nach dem Volksmund an den Zöllner Zachäus, der auf einen Baum kletterte, um Jesus zu sehen, da er von Gestalt sehr klein war. Nach der Legende zerriss sich Zachäus dabei seine rote Hose, so dass sein weißes Hemd heraus schaute. Und so kam es zu den Farben der Kirchweihfahne.

Gebändigter Wildwuchs

Das Kirchweihfest wurde vor über 100 Jahren auf den dritten Oktobersonntag festgelegt. Vorher feierte jede Gemeinde an einem anderen Termin und meist wurde dabei auch tüchtig reihum getrunken. Um den Wildwuchs zu zähmen, wurde der noch heute gültige einheitliche Termin geschaffen.

Der Kirta, wie das Fest im Volksmund heißt, ist ein Fest zur Erinnerung an den Tag der Weihe der Kirche. Am Anfang des Festes steht ein feierlicher Gottesdienst. In der Pfarrkirche St. Remigius in Raisting wird alles aufgeboten, um die Feierlichkeit des Tages zu unterstreichen. Jung und Alt tragen beim feierlichen Gottesdienst die traditionelle Tracht. Früher war Kirchweih auch ein Erntedankfest: Man dankte, wie eine Bäuerin erzählt, für alle Früchte, die man wieder ernten konnte.

Auszogene: fleischlos, sittsam, gottgefällig

Nach altem Brauch hat das Kirchweihfest auch eine weltliche Seite: Viele Bäuerinnen backen noch heute selbst Schmalznudeln, die auch "Auszogene" oder "Knieküchle" oder, wie in Raisting, "Springnudeln" heißen. Die Schmalznudeln werden bevorzugt zum Kirchweihschmaus, mittags nach dem Gottesdienst, gegessen.

Am Nachmittag trifft sich die Jugend in einer Scheune bei der Kirchweihschaukel, der "Kirtahutschen". Das ist ein langes, dickes Brett, auf dem die Kinder Platz nehmen. Es ist an Ketten an einem Balken aufgehängt. Zwei Mädchen an den beiden Enden bringen die Schaukel in Schwung. Später gehört die Kirtahutschen der Jugend, die sich am Abend beim Kirchweihtanz zu den Klängen der Blasmusik dreht.

Nostalgischer Rückblick: Wie's einmal war

Das Kirchweihfest findet am Montag seine Fortsetzung mit Vorführungen wie der Traktorenschau. Gezeigt wird auch, wie früher mit Ochsen- und Pferdefuhrwerken und einfachen Geräten in der Landwirtschaft gearbeitet wurde.

Betteltanz: Single-Börse anno dazumal

Eine Besonderheit in Raisting ist am Kirchweih-Montagnachmittag der "Betteltanz": Dazu werden möglichst viele Mädchen aus der ganzen Umgebung zum fröhlichen Beisammensein eingeladen, um dann beim Tanz mit einem unbekannten Burschen "verbandelt" zu werden, ein lustiger Heiratsmarkt, den es sonst nirgendwo mehr gibt. Obgleich sich auch in Raisting die Verhältnisse geändert haben, ist Kirchweih bis heute ein großes Fest, auch wenn nicht mehr so lang gefeiert wird wie früher: "A richtiger Kirta dauert bis zum Irta (Dienstag). Wann se's tuat schicka, aa bis zum Migga (Mittwoch)."


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