Schulfernsehen


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Mein Himmel ist voller Musik Die israelische Komponistin Ella Milch-Sheriff

Darf und kann man den Schrecken der Shoah als Oper auf die Bühne bringen? Die israelische Komponistin Ella Milch Sheriff hat es gewagt: Um sich der Vergangenheit ihrer Familie zu stellen, um das Schweigen ihrer Kindheit aufzubrechen, und um die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten.

Von: Simon Demmelhuber & Volker Eklkofer, ein Film von Aneta Panek

Stand: 06.07.2012

Ella Milch-Sheriff | Bild: rbb

Die Sängerin und Komponistin Ella Milch-Sheriff wird 1954 in Haifa geboren. Zusammen mit ihrer Schwester wächst sie in einem Haus voller Geheimnisse, verdrängter Fragen, lastenden Schweigens und unterdrückter Gefühle auf. Der Vater ist ein verschlossener, verdüsterter Mann, der seinen Glauben und sein Lachen verloren hat.

Die Hölle dauert ewig

Ella ist 13 Jahre alt, als sie durch einen Zufall erfährt, was ihr Vater so beharrlich verschweigt und zu vergessen versucht: In Polen, wo er sich als Jude während des Zweiten Weltkriegs vor den deutschen Besatzern verstecken musste, waren seine Familie, seine Frau Luisa und sein dreijähriger Sohn ermordet worden. Baruch Milch konnte sich nach Israel retten, wo er ein zweites Mal heiratete. Doch die Vergangenheit ließ ihn nicht mehr los, sein Leben war zerbrochen.

Die Vergangenheit kehrt zurück

Während der letzten Jahre seines Lebens schrieb Baruch Milch seine Erlebnisse nieder und beschwor seine Töchter, die Aufzeichnungen zu veröffentlichen. Kurz nach seinem Tod bittet eine polnische Journalistin um die Erlaubnis, Passagen aus im Jüdischen Historischen Archiv in Warschau aufbewahrten Aufzeichnungen Baruch Milchs für eine Publikation zu verwenden. Durch diese Anfrage erfahren die Geschwister erstmals von der Existenz eines ersten Original-Tagebuchs, das der Vater zwischen Juli 1943 und März 1944 in einem Versteck geschrieben, später jedoch nie mehr erwähnt hatte.

Baruchs Schweigen

Auf der Grundlage dieser Aufzeichnungen komponiert Ella Milch-Sheriff zunächst die 2003 uraufgeführte Kantate "Ist der Himmel leer?". Nachdem Jens Neudorf von Enzberg, Operndirektor am Staatstheater Braunschweig, die Kantate gehört hat, ermutigt er Ella Milch-Sheriff dazu, den Stoff als Kammeroper zu verarbeiten. Yael Ronen, eine junge israelische Theaterautorin und Regisseurin, verdichtet das Tagebuch des Vaters und die Erinnerungen der beiden Schwestern zu einem Libretto, am 25. Februar 2010 feiert die Oper "Baruchs Schweigen" in Braunschweig Premiere.

Die Erinnerung wach halten

"Für mich war und ist es eine Aufgabe, an die Shoah zu erinnern", sagt Ella Milch-Sheriff. "Ich habe eine Oper über das Thema komponiert, weil ich glaube, dass man nur so diese Erinnerung halten kann, durch Musik, Malerei, durch Bücher, aber auch Tanz und Film."


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