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Wahrheit über Weihnachten Warum Kinder an den Weihnachtsmann glauben

Warum warten an Weihnachten so viele Kinder sehnsüchtig auf den Weihnachtsmann? Forscher haben untersucht, welche Rolle Eltern und Gesellschaft dabei spielen. Was passiert, wenn die Geschichte auffliegt?

Stand: 29.09.2023

"Morgen kommt der Weihnachtsmann", so heißt es nicht nur im berühmten Kinderlied. Dass der bärtige Mann - oder je nach Region das Christkind - kommt und Geschenke bringt, erzählen Eltern ihren Kindern. Und die warten jedes Jahr sehnsüchtig darauf. Der Legende zufolge soll der Weihnachtsmann am nördlichen Polarkreis wohnen. Jedes Jahr fliegt er mit seinem Rentier-Schlitten durch die Lüfte, rutscht durch den Kamin und legt "braven" Kindern Geschenke unter den Weihnachtsbaum. Viele Kinder glauben bis zu einem gewissen Alter an diese Geschichte. Aber was passiert, wenn sie die Wahrheit über den vermeintlichen Geschenkebringer und seinen Gefährten Rudolph, das Rentier, herausfinden?

Rudolph und die wilden Kerle: Was ihr noch nicht über Rentiere wusstet

Weihnachtsmann-Lüge: Kinder sind schlauer als wir denken

Der Kinderpsychologe Rohan Kapitány von der Universität Keele in Großbritannien untersucht, wie sich das Phänomen "Weihnachtsmann" auf die Eltern-Kind-Beziehung auswirkt. Laut Kapitány sind Kinder schlauer und skeptischer als wir vielleicht zunächst annehmen: Schon Kinder ab drei Jahren können nuanciert zwischen realen und nicht-realen Figuren unterscheiden. Rituale und kulturelle Normen spielen jedoch eine große Rolle, wenn es darum geht, welche fiktive Figuren Kinder für echt halten. Erwachsene verleihen der Lüge um den Weihnachtsmann nämlich durch Weihnachtsrituale einen Sinn. Beispielsweise, indem Familien Socken an den Kamin hängen oder Kekse für den Weihnachtsmann hinterlegen. "Wenn es den Weihnachtsmann nicht gäbe, warum würden wir das machen?", laute demnach die Schlussfolgerung aus Kindersicht. Schon ein Weihnachtsbaum genüge, um die Geschichte vom Weihnachtsmann aufrechtzuerhalten.

Glaube an den Weihnachtsmann psychologisch motiviert

Die Gründe, warum Kinder ihren Eltern das Flunkern über den Weihnachtsmann abkaufen, sind psychologisch durchaus nachvollziehbar: Kinder vertrauen und verlassen sich auf ihre Eltern, um ein Verständnis von der Welt zu bekommen. Auch evolutionsbiologisch macht das Sinn: Eltern haben ja immerhin das Erwachsenenleben erfolgreich erreicht. Dem Psychologen zufolge spiele dabei auch eine Rolle, dass die Geschenke des Weihnachtsmannes an ein bestimmtes Verhalten geknüpft sind und das Verhalten der Kinder auch sanktioniert werden kann.

Wann finden Kinder die Wahrheit über den Weihnachtsmann heraus?

Zweifel daran, dass es den Weihnachtsmann gibt, kämen dann meist in der Altersgruppe von vier bis sieben Jahren auf, wie eine Studie von Forschern in Kanada aus dem Jahr 2002 zeigte. Den Glauben an den Weihnachtsmann verlieren Kinder dann durchschnittlich im Alter von sieben Jahren. Wie die Untersuchung des Forschers Kapitány aus dem Jahr 2020 zeigt, haben auch Kinder im Alter von neun Jahren den Glauben an den Weihnachtsmann manchmal noch nicht ganz abgelegt. Laut einer Studie der Universität Montréal aus dem Jahr 2009 kann die Entdeckung der Wahrheit über den Weihnachtsmann als ein Übergangsritual im kindlichen Entwicklungsprozess zu verstehen sein und geht mit der Entwicklung des kausalen Denkens einher. Doch auch die Kinder flunkern: Die Aussicht darauf, keine Geschenke mehr zu bekommen, bringe manche Kinder dazu, so zu tun als glaubten sie weiterhin an den Weihnachtsmann.

Weihnachtsmann-Legende kann die Fantasie anregen

Gegner der Weihnachtsmann-Geschichte kritisieren, dass es sich bei dem Weihnachtsmann um eine Lüge handle, die von der Gesellschaft systematisch aufrechterhalten wird, beispielsweise in der Werbung. Zudem sei der Weihnachtsmann eine Symbolfigur für soziale Ungleichheit, weil arme Kinder weniger beschenkt werden. Die Geschichte um den Weihnachtsmann hat laut einer Studie der britischen Psychiaterin Lynda Breen aus dem Jahr 2004 aber auch positive Einflüsse: Besonders in technisch hoch entwickelten Gesellschaften fördere der Glaube an den Weihnachtsmann soziale und kognitive Fähigkeiten bei Kindern: Der Geschenkebringer rege die Fantasie an und ließe Kinder einen Sinn für das Teilen entwickeln. Auch die Bindungen innerhalb von Familien könnten durch die Rituale um den Weihnachtsmann gestärkt werden.

Kinder mögen Weihnachtsmann trotzdem noch

Eine Studie von Forschern in den USA aus dem Jahr 1994 kommt zu dem Schluss, dass es sich selten negativ auswirkt, wenn Kinder die Wahrheit über den Weihnachtsmann erfahren: Viele reagieren stolz darauf, wenn sie herausgefunden haben, was es mit dem Weihnachtsmann wirklich auf sich hat. Und: Viele Kinder mögen den Weihnachtsmann auch weiterhin, obwohl sie nicht mehr an ihn glauben. Überhaupt müsse der Moment, in dem der Glaube an den Weihnachtszauber verloren gehe, keineswegs traumatisch oder verletzend für Kinder sein, sagt Kapitány: "Studien zeigen, dass Eltern normalerweise trauriger und enttäuschter sind als Kinder, weil es einen Übergang im Leben des Kinds darstellt."

Sendungen über den Nikolaus und Weihnachtsmann

  • Gehhilfe des Nikolaus - die Legende von Knecht Ruprecht: Warten aufs Christkind, BR-Klassik, 24.12.2022, 12.05 Uhr
  • Fake-News Nikolaus und Christkind: Brauchen Kinder diese Geschichten?: Tagesgespräch, ARD alpha, 06.12.2022, 12.05 Uhr

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