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Paare und Alltagsstress Wie man die Liebe schützt

Zu zweit Zeit verbringen, miteinander reden, sich nah sein - wenn es sein muss mit festem Termin, von Kindern ungestört und ohne einen Anruf aus dem Büro: Liebe muss gepflegt werden, sonst stirbt sie mit der Zeit.

Stand: 10.12.2020

Illustration: Ein Mann hält seine Partnerin an der Hand. | Bild: BR

Zeit füreinander zu haben ist lebenswichtig für eine Beziehung: Das Paar hat gemeinsame Erlebnisse und macht Erfahrungen zu zweit, hat Zeit für Sexualität, die die Bindung der Partner zueinander festigt. All das zusammen stärkt das Wir-Gefühl des Paares. Klingt banal, ist aber wissenschaftlich erwiesen: Die ungestört gemeinsam verbrachte Zeit ist das Kapital, das jedes Liebeskonto bestehen und anwachsen lässt.

Partnerschaft: Stress legt problematische Charakterzüge frei

Meist fehlt Paaren - besonders doppelt berufstätigen Paaren - die Zeit. Der alltägliche Stress - Arbeitsalltag, die Belastungen durch Haushalt und Kindererziehung, gesellschaftliche Verpflichtungen - frisst Zeit und Energien. Die gemeinsam verbrachte Zeit wird immer kürzer. Das wiederum verschlechtert zuerst die Kommunikation zwischen den Partnern. Stress legt außerdem problematische Charakterzüge des Einzelnen frei.

All das führt zu einer Entfremdung der Liebenden und zu Unzufriedenheit: "Chronischer Alltagsstress unterhöhlt die Partnerschaft wie ein korrosiver Prozess", so der Schweizer Paarforscher Guy Bodenmann. Man ist sich aus Zeitnot immer seltener nah und verliert den anderen emotional aus den Augen: Entfremdung ist heute immer häufiger Grund für das Scheitern von Beziehungen und Ehen, bestätigt Bodenmann.

Wenn der Job einen Partner völlig vereinnahmt

Wenn einer der Partner mit seinem Job verheiratet ist, wird es schwierig. Es bleibt keine Zeit, die Beziehung zu pflegen.

"Unter den 'best of' der Beziehungskiller steht zweifelsohne der Beruf ganz oben. Viele Partnerschaften haben oft nur noch die Funktion einer Rehaklinik, in die sich augelaugte, erschöpfte und von sich entfernte Menschen nach Feierabend schleppen, um dort wieder zu Kräften zu kommen. Im Job geht alles - zu Hause nichts."

Eva-Maria und Wolfram Zurhorst in 'Beziehungsglück' , München 2010

Wenn der Beruf des einen Partners alle Energien und Zeit raubt, ist es schier unmöglich, eine Partnerschaft zu retten. Dann muss sich der Betroffene entscheiden, der Beziehung mehr Wichtigkeit einräumen - und im Job kürzer treten, so Beziehungstherapeutin Zurhorst.

Stressfaktor Schwiegermutter?

Die böse oder nervige Schwiegermutter als Scheidungsgrund? Da ist nichts dran: "Während in der Volksmeinung die Probleme mit der Schwiegermutter häufig an erster Stelle der Stresshierarchie von Paaren stehen, zeigen keine wissenschaftlichen Untersuchungen diese Vorrangstellung der Schwiegermutter als Stressfaktor", so Guy Bodenmann. Die Psychologen sind sich aber einig darin, dass die mangelnde Abgrenzung zur Herkunftsfamilie Probleme in einer Partnerschaft bereiten kann.

Die Rolle von Kindern

Kinder sind - rein auf Zweisamkeit der Eltern bezogen - erst einmal und besonders in den Baby- und Kleinkindjahren Stressfaktoren. Andererseits wirken gemeinsame Kinder stabilisierend auf die Partnerschaft, so Eva Wunderer und Klaus E. Schneewind. Wenn Kinder dann größer werden, sorgen sie oft für Glücksmomente und positive Bestätigungen des Elternpaares.


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