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Biokraftstoffe Biodiesel, Bioethanol und Biomethan im Tank

Diesel und Benzin lassen sich nicht nur aus Erdöl, sondern auch aus nachwachsenden Rohstoffen herstellen. Das reduziert den Ausstoß an Treibhausgasen. Es gibt aber Streit, wie groß der Effekt ist. Und das ist nicht die einzige Kritik an Biokraftstoffen.

Stand: 06.05.2021

Biokraftstoffe heißen nicht "bio", weil sie aus ökologischer Landwirtschaft stammen, sondern weil ihre Rohstoffe biologischen Ursprungs sind, also von Lebewesen stammen. Die Biomasse, aus der Biokraftstoffe hergestellt wird, kommt meist von Pflanzen, manchmal aber auch von Tieren. Biokraftstoffe lassen sich beispielsweise aus dem Öl von Raps, Soja, Ölpalme und anderen Ölpflanzen gewinnen. Auch Mais, Getreide, Rüben und Zuckerrohr dienen als Ausgangsmaterial. Selbst Holz, Stroh und Bioabfälle können zu Biokraftstoff werden.

Wichtig für die Landwirtschaft

Raps ist in Deutschland eine der wichtigsten Quellen für Pflanzenöl-Kraftstoff und Biodiesel.

Die Erzeugung dieser nachwachsenden Rohstoffe spielt inzwischen eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft. Im Jahr 2018 wurden in Bayern auf rund 451.000 Hektar Ackerfläche nachwachsende Rohstoffe "zur energetischen und stofflichen Verwendung" angebaut. Das entspricht etwa 14 Prozent der Ackerfläche in Bayern (Quelle:
Bayerischen Agrarberichts 2020). Diese nachwachsenden Bioenergie-Rohstoffe lassen sich in unterschiedliche Kraftstoffe umwandeln.

Biokraftstoffe in Deutschland

Pflanzenöl-Kraftstoff

Eine Zapfsäule für Pflanzenöl-Kraftstoff in der Oberpfalz

Dieselmotoren lassen sich nicht nur mit Dieselkraftstoff, sondern auch mit Pflanzenöl antreiben. In Deutschland kommt dazu meist Rapsöl zum Einsatz. Allerdings ist dazu meist ein Umbau des Motors notwendig,sonst drohen technische Probleme bis hin zu Schäden am Motor. Finanziell lohnt der Einsatz von Pflanzenöl als Treibstoff am ehesten in der Landwirtschaft, weil er in diesem Fall steuerfrei ist. Bis 2008 galt das auch im Straßenverkehr, doch dann wurde der Steuersatz auf Pflanzenöl bis 2013 schrittweise auf das Niveau anderer Kraftstoffe angehoben. Zudem ist das Netz an Pflanzenöl-Tankstellen ziemlich dünn.

Biodiesel

Tankstelle für Biodiesel

Biodiesel oder Agrodiesel besteht aus Pflanzenöl, in Europa meist Rapsöl, und Methanol. Chemische Reaktionen verwandeln die Mischung in sogenannten Methylethylester. Dieser Biodiesel hat ähnliche Eigenschaften wie herkömmlicher Dieseltreibstoff und mischt sich leicht mit ihm. Dieselkraftstoff an der Tankstelle hat einen Biodiesel-Anteil von bis zu sieben Prozent. Wenn Biodiesel In hoher Konzentration oder reiner Form in den Tank soll, ist ein Umbau des Motors nötig, ähnlich wie bei einer Umstellung auf Pflanzenöl-Kraftstoff. Das lohnt sich aber kaum, denn Biodiesel wird seit 2013 wie andere Kraftstoffe auch besteuert.

Bioethanol

E10-Kraftstoff an der Tankstelle

Bioethanol ist eigentlich gewöhnlicher Alkohol, also der gleiche, der auch in Bier, Wein und Spirituosen steckt. Er entsteht, wenn Zucker, der in Pflanzen enthalten ist, zu Alkohol vergärt. Diesen Bioethanol kann man statt Benzin als Treibstoff für Otto-Motoren benutzen. Allerdings müssen die Motoren dafür technisch angepasst sein, denn Ethanol greift unter anderem herkömmliche Bauteile aus Gummi und Kunststoff an.

Bis 2015 boten rund 300 Tankstellen in Deutschland unter der Bezeichnung E85 eine Mischung aus 85 Prozent Bioethanol und 15 Prozent Mineralölbenzin an. Nach dem Wegfall der Steuervergünstigung Ende 2015 verschwand dieser Kraftstoff aber von den Zapfsäulen. Bioethanol ist aber auch Teil herkömmlichen Benzins an der Tankstelle. Seit 2011 gibt es dort Super E10. Bei diesem Kraftstoff besteht zehn Volumenprozent des Kraftstoffs aus Ethanol. Im herkömmlichen Super-Krafstoff stecken bis zu fünf Prozent Bioethanol.

Biomethan

Biogasanlage

Biomethan, auch Bioerdgas genannt, stammt meist aus Biogasanlagen, in denen organische Materialien vergoren werden. Das können Energiepflanzen wie Mais, aber auch Gülle oder Stroh sein. Das Methan, das dabei entsteht, kann ins Erdgasnetz einspeist werden. Es lässt sich aber auch als Treibstoff für Erdgasfahrzeuge nutzen. Im Vergleich zu Pflanzenöl, Biodiesel und Bioethanol hat Biomethan einen großen Vorteil: Mit Pflanzen, die für Biomethan angebaut werden, lässt sich auf der gleichen Fläche deutlich mehr Energie produzieren. Allerdings ist nur ein Bruchteil der Fahrzeuge in Deutschland mit Erdgas-Antrieb unterwegs. Das liegt unter anderem daran, dass das Netz an Erdgastankstellen ziemlich dünn ist. Und nur wenige dieser Tankstellen verkaufen reines Bioerdgas.

Biokraftstoffe lassen sich auch in unterschiedliche Generationen einteilen. Pflanzenöl, Biodiesel und Bioethanol zählen zur ersten Generation. Bei ihnen wird nur ein Teil der Pflanze als Rohstoff genutzt, um daraus Öl oder Zucker als Rohstoff zu gewinnen. Bei Biokraftstoffen der zweiten Generation dient dagegen die ganze Pflanze zur Produktion von Energie. Das kann zum Beispiel bei Biomethan der Fall sein.

Biokraftstoffe aus Algen

Eine Quelle für Kraftstoff der dritten Generation sind Algen. Mit ihnen lassen sich Biodiesel, Bioethanol und Biomethan produzieren. Im Vergleich zu Raps oder Mais ist der Ertrag bei Algen aber um ein Vielfaches höher. Außerdem brauchen Algen keinen wertvollen Ackerboden um zu wachsen, sondern nur große Tanks. Allerdings ist die Produktion von Treibstoff aus Algen sehr aufwendig und deshalb noch viel zu teuer, um konkurrenzfähig zu sein. Geforscht wird aber weiterhin daran - vor allem bei der Verwendung als Biokerosin.

Forschung mit Algen

Algentechnikum in Ottobrunn

Die Forschung mit Algen wird in Ottobrunn bei München in großem Stil betrieben: Im 2015 eröffneten Algentechnikum der Technischen Universität München werden die Wasserlebewesen auf vielfältige Weise untersucht. Und davon gibt es unzählige: Die Zahlen gehen weit auseinander, schätzungsweise gibt es aber über 150.000 Algen-Arten weltweit - etwa 20 Prozent davon sind beschrieben.

Realistische Nachbildung von Klimabedingungen

Weltweit wird untersucht, wie Algen als nachhaltiger Rohstoff der Zukunft eingesetzt werden können. Im Algentechnikum gibt es die Möglichkeit, mithilfe einer LED-Anlage das Spektrum und die Intensität des Sonnenlichts sämtlicher Regionen der Erde nachzuahmen. So können die Prozesse unter jeglichen klimatischen Bedingungen getestet werden. Ein Forschungsschwerpunkt liegt in der Verwendung von Algen als Treibstoff: Biokerosin.

Biokerosin aus Mikroalgen

Biokerosin könnte zukünftig in der Luftfahrt eingesetzt werden. Dafür eignen sich vor allem Mikroalgen - mikroskopisch klein. Genauso wie große Makroalgen betreiben sie Fotosynthese und wandeln Kohlenstoffdioxid und Licht in Sauerstoff und Biomasse um. Sie brauchen aber viel weniger Fläche und wachsen bis zu zehnmal schneller als ihre großen Vertreter. Ein weiterer Vorteil: Ihr sehr hoher Fettgehalt. Durch die Abspaltung von Fettsäuren in einem chemischen Verfahren kann daraus Biokerosin gewonnen werden.

Keine Ansprüche an den Standort

Im Hinblick auf ihren Standort sind Algen nicht besonders wählerisch: Deshalb können sie auch in Gebieten - wie beispielsweise Salzwasser - wachsen, die sich nicht für die Landwirtschaft eignen. Dafür brauchen sie nur CO2, Licht, Wasser und einige Nährstoffe. Ein Vorteil bei immer knapper werdenden Ressourcen.

Komplette Alge verwenden, Preis senken

Doch noch ist der Preis das Problem, der die Algenforschung für die Industrie nicht relevant macht. Das Algenkerosin im Algentechnikum ist noch doppelt so teuer wie aus der Erdölquelle. Daher sollen sämtliche Bestandteile der Algen genutzt werden, um die Kosten zu senken. Das bei der Herstellung des Kerosins abgespaltene Glycerin in den Algen kann beispielsweise in polymere Fasern umgewandelt werden, die dann als Carbonfasern oder Kleidung genutzt werden könnten. Und diese Algen-Carbonfasern binden mehr CO2 als sie im Herstellungsprozess verbrauchen - sie sind damit CO2-negativ.

Ohne Großindustrie geht es nicht

Noch wird im Algentechnikum Energie für die LED-Anlage benötigt. Langfristig sollen die Algen aber an klimatisch idealen Standorten kultiviert werden, die gerade definiert werden. Diese Standorte brauchen eine neue Infrastruktur, die Umstellung für die Großindustrie muss attraktiver werden. So könnten bis 2050 30 bis 50 Prozent des Kerosinbedarfs mit Algen gedeckt werden.

Biosprit im Tank statt Brot auf dem Teller?

Plantage mit Ölpalmen am Rand des Regenwaldes in Thailand

Biokraftstoffe rufen auch Kritik hervor: Pflanzöl-Kraftstoff und Biodiesel basieren auf dem Öl von Raps, Soja und anderen Ölpflanzen. Bioethanol wird in Europa hauptsächlich aus Weizen und Zuckerrüben hergestellt, in Nordamerika aus Mais und in Südamerika aus Zuckerrohr. Diese Pflanzen für Biokraftstoffe konkurrieren mit Pflanzen für Lebensmittel um Ackerflächen. Die erhöhte Nachfrage kann die Preise für Lebensmittel in die Höhe treiben. Oder die Gesamtanbaufläche wird ausgeweitet. Die Flächen von Mooren, Regenwäldern und andere Schutzgebiete dürfen Landwirte zwar nicht zum Anbau von Energiepflanzen nutzen. Für Nahrungsmittel gilt das hingegen nicht. Daher wachsen inzwischen auf manchem Äckern Ölpalmen für Biosprit. Daneben wird der Regenwald gerodet, um dort Nahrungsmittel anzubauen.

Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen umstritten

Verarbeitung von Rapsöl zu Biodiesel (Rapsölmethylester)

Es gibt auch Zweifel, ob sich mit Biokraftstoffen tatsächlich so viel Treibhausgase einsparen lassen, wie deren Befürworter behaupten. Beim Anbau und Verarbeitung der Pflanzen wird viel Energie verbraucht. Aus Düngemitteln entweicht unter anderem Lachgas, das als Treibhausgas viel stärker wirkt als Kohlendioxid. Dieses Gas wird wiederum in großen Mengen freigesetzt, wenn Wälder abgeholzt werden, um dort Energiepflanzen anzubauen.

Rest- und Abfallstoffe statt Raps und Rüben

Auch die Europäische Union sieht den Anbau von Energiepflanzen zur Produktion von Kraftstoffen mittlerweile kritisch. Biokraftstoffe sollen jedoch weiter an Bedeutung gewinnen: Laut der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie soll der Mindestanteil erneuerbarer Energien im Verkehr von zehn Prozent im Jahr 2020 auf 14 Prozent im Jahr 2030 steigen. Mindestens die Hälfte davon, also sieben Prozent, sollen dann jedoch mit Biomasse aus Rest- und Abfallstoffen produziert werden.


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