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Joseph von Fraunhofer Geheimnisvolle Linien im Sonnenlicht

Fraunhofer will eigentlich nur die Qualität von Glas bestimmen. Dazu schickt er Sonnenlicht durch ein Prisma. Doch als er sich das gebrochene Licht mit einem Fernrohr genau anschaut, macht er eine erstaunliche Entdeckung.

Stand: 09.12.2017 | Archiv

Joseph von Fraunhofer, Physiker aus Bayern - im Bild: Joseph von Fraunhofer in seiner Werkstatt | Bild: Fraunhofer-Gesellschaft, Alexander Heck

Im Jahre 1814 führt Joseph Fraunhofer ein Experiment durch: Vor die Fenster seiner Arbeitszimmers hängt er dunkle Vorhänge. Nur durch einen schmalen Spalt fällt ein Lichtstrahl ins Innere. Dieser trifft auf ein Prisma aus Glas und wird von diesem gebrochen. Fraunhofer schaut durch ein Fernrohr auf das Licht in den Farben des Regenbogens. Doch er sieht kein durchgängiges Farbband. Zwischen den Farben entdeckt er schwarze Linien.

Entdeckung der Spektrallinien

Joseph von Fraunhofer entdeckt seltsame Linien

Das Blatt mit den von Fraunhofer aufgezeichneten Spektrallinien liegt im Deutschen Museum in München.

Nach weiteren Versuchen kann Fraunhofer im Sonnenlicht 574 Linien zählen. Er dokumentiert deren Lage und Breite, denn mit diesen Daten kann er die Qualität seiner optischen Linsen messen und verbessern. Das bringt seiner Firma entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Die Frage, woher die Linien im Sonnenlicht stammen, untersucht Fraunhofer nicht weiter.

"Bei allen meinen Versuchen durfte ich, aus Mangel an Zeit, hauptsächlich nur auf das Rücksicht nehmen, was auf praktische Optik Bezug zu haben schien, und das Übrige entweder gar nicht berühren oder nicht weiter verfolgen. Da der hier mit physisch-optischen Versuchen eingeschlagene Weg zu interessanten Ergebnissen führen zu können scheint, so wäre es sehr zu wünschen, dass ihm geübte Naturforscher Aufmerksamkeit schenken möchten."

Schlussbemerkung aus Fraunhofers 'Bestimmung des Brechungs- und Farbzerstreuungsvermögens verschiedener Glasarten'

Bunsen und Kirchhoff widmen sich Fraunhofers Beobachtung

Natrium färbt eine Flamme orange.

Es dauert fast fünfzig Jahre, bis das Rätsel der schwarzen Linien gelöst wird: In den 50er-Jahren des 19. Jahrhunderst erforschen in Heidelberg die Chemiker Robert Bunsen und Gustav Kirchhoff ein bekanntes Phänomen: Wenn man Salz in einer Flamme schüttet, verfärbt sich ihr Licht. Kochsalz zum Beispiel ruft einen Farbton von Orange hervor. Die beiden Forscher erkennen, dass es chemische Elemente sind, die die Farbe bestimmen. Im Kochsalz (Natriumchlorid) sorgt das Natrium für das orange Licht. Bei Kaliumchlorid färbt hingegen das Kalium die Flamme violett.

Vorbild Joseph von Fraunhofer

Robert Wilhelm Bunsen

Bunsen und Kirchhoff tun es Fraunhofer gleich. Wie er lenken sie das Licht durch ein Glasprisma, um es zu brechen. Sie erkennen, dass Natriumlicht kein durchgängig orangefarbenes Lichtband ist, sondern aus Lichtlinien besteht. Charakteristisch für Natrium ist eine starke gelbe Doppellinie. Und Natrium ist kein Einzelfall. Alle anderen Elemente, die Bunsen und Kirchhoff untersuchen, erzeugen ebenfalls Lichtlinien.

Lichtschlucker auf der Sonne

Chemische Elemente auf der Sonne verschlucken einen Teil des Lichts.

Im Jahr 1860 vergleichen Bunsen und Kirchhoff ihre Ergebnisse mit Fraunhofers Daten. Manche Lichtlinien liegen genau in den schwarzen Lücken des Sonnenspektrums, zum Beispiel die Linien von Natrium und Eisen. Die Erklärung der Forscher lautet: Die Elemente können die Lichtlinien nicht nur abgeben, sondern auch schlucken. Das heißt: Auf der Sonne schluckt Natrium seine orange Lichtlinie. Deshalb wir sehen eine schwarze Lücke im Sonnenspektrum. An den schwarzen Linien lässt sich also ablesen, welche chemischen Elemente es auf der Sonne gibt. Und nicht nur dort: Dank der Spektrallinien lassen sich auch Sterne untersuchen, die Milliarden von Lichtjahren entfernt sind.


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