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Konrad Duden Wie ein Wust Wörter zum Bestseller wurde

Heißt es "mit Hilfe" oder "mithilfe"? Das lässt sich mithilfe des Dudens schnell klären. Konrad Duden hat mit seinem Werk Maßstäbe gesetzt. Aus seinen 27.000 Stichwörtern sind 148.000 geworden - auch dank Achtsamkeitsübungen.

Published at: 21-7-2022

Konrad Duden | Bild: Bibliographisches Institut GmbH

Rund 148.000 Stichwörter umfasst die 28. Auflage des Dudens, die im August 2020 veröffentlicht wurde. Jetzt finden sich auch Wörter wie "Achtsamkeitsübung", "Datingplattform", "Insektensterben" und natürlich auch - der Corona-Pandemie geschuldet - "Covid-19" in dem fast 1.300 Seiten starken Buch. Ein richtiger Brocken im Vergleich zu dem Büchlein, das am 7. Juli 1880 zum ersten Mal erschien: Der Urduden beinhaltete "nur" 27.000 Wörter auf 187 Seiten. Diese zu veröffentlichen, war jedoch schwierig genug.

Rechtschreib-Anarchie im Kaiserreich

Noch Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte im Deutschen Kaiserreich völlige Rechtschreib-Anarchie. Jeder noch so kleine Teilstaat hatte seine eigenen Regeln, in jeder Schule, jeder Behörde und jedem Verlag galten andere Schreibweisen. 1876 versuchte man, sich auf einer "Orthographischen Konferenz" in Berlin über die rechte Schreibung auszutauschen und sich auf einheitliche Regeln zu einigen, doch das Vorhaben scheiterte.

Sprachfusion von Preußen und Bayern

Der Urduden erschien 1880 mit 27.000 Stichwörtern auf 187 Seiten.

Da sah sich Konrad Duden berufen: Der Gymnasialdirektor aus Wesel machte sich im Alleingang an die Einheitsorthografie. Er nahm die preußische und bayerische Schulrechtschreibung als Grundlage und verfasste die knapp 200 Seiten des Urdudens. Und das, obwohl Reichskanzler Bismarck die preußische Schulorthografie bei "gesteigerter Ordnungsstrafe" verboten hatte. Konrad Duden ließ sich davon nicht beirren: Das "Vollständige Orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache" erschien am 7. Juli 1880 in Leipzig.

Duden erobert die schreibende Zunft

Konrad Duden vereinheitlichte die deutsche Rechtschreibung.

Die Anzeige im "Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel" vom 5. Juli 1880 versprach allen, die mit Orthografie zu tun haben, für eine Mark ein "Nachschlagebuch, das ihnen in jedem Zweifel schnelle und sichere Lösung bringt". Weil es sich an der Praxis der Schreibenden orientierte, entwickelte sich das Wörterbuch bald zum Bestseller. Schulen, Setzer, Drucker und Korrektoren richteten sich nach ihm und Konrad Duden erreichte das, was die erste staatliche Konferenz vergeblich angestrebt hatte: die Einheitsschreibung im gesamten deutschen Sprachraum.

Erste amtliche Rechtschreibregelung

Konrad Duden

Konrad Alexander Friedrich Duden wurde am 3. Januar 1829 in Lackhausen bei Wesel geboren. Er starb am 1. August 1911 in seinem Alterswohnsitz in Sonnenberg bei Wiesbaden.

Auf der zweiten "Orthographischen Konferenz" beschlossen Staatsbeamte sowie Fachleute aus dem Buchgewerbe im Jahr 1901 offiziell Dudens "Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis" für das gesamte Deutsche Reich als verbindlich. Auch Österreich-Ungarn und die Schweiz richteten sich danach.

Rechtschreibreform bricht Monopol

Bis 1996 war das Wörterbuch in der Bundesrepublik für die Schriftsprache maßgebend. Mit der Rechtschreibreform wurde dieses Monopol gebrochen: Seither werden richtige und mögliche Schreibweisen durch die amtliche Regelung bestimmt und auch von anderen Verlagen unters Volk gebracht.

Kurioses aus dem frühen Duden

Kaiser Wilhelm II. bestand 1901 darauf, dass bei der Eliminierung des Buchstabens "h" aus Wörtern wie "Noth" und "Thor" der "Thron" unangetastet blieb. Das gilt - trotz der Rechtschreibreform von 1996 - bis heute.

Der Urduden von 1880 war schon ganz schön modern: Auf Seite 23 stellt er uns das "Betttuch" mit drei "t" vor. Zwischenzeitlich verlor das Laken ein "t". Erst seit 1996 schlafen wir wieder auf "Betttüchern".

"Schlag doch mal im Duden nach!"

Heute umfasst "der Duden", wie das Wörterbuch liebevoll genannt wird, fast 1.300 Seiten und nahezu 150.000 Stichwörter - so viele wie noch nie, mehr als fünf Mal so viele wie die Erstausgabe. Der waren Wörter wie Social Distancing, Abwrackprämie, Abrissparty, Factoryoutlet, Schmähgedicht, Selfie, Livestream, fremdschämen, twittern, facebooken, liken, tindern und schnackseln einfach noch fremd.


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