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Maikäfer Die Feldmaikäfer brummen wieder in Bayern

Meistens hört man sie, bevor man sie entdeckt. Durch ein sanftes Brummen kündigen sie sich an, die Hubschrauber unter den Käfern. Jetzt sind in Bayern wieder Maikäfer unterwegs.

Stand: 07.06.2021

Ein Maikäfer (Feldmaikäfer, Melolontha melolontha). In Bayern ist vor allem der Feldmaikäfer verbreitet. Alle vier Jahre ist Hauptflugzeit der Maikäfer. Die Zeiten, in denen es zu einer regelrechten Maikäferplage kommt, sind jedoch vorbei. | Bild: picture-alliance/dpa/blickwinkel/AGAMI/H. Bouwmeester

Wenn die braunen Brummer mit dem weißen Zackenband und den auffällig gefächerten Fühlern auftauchen, freuen sich viele - aber nicht alle: Maikäfer können auch großen Schaden anrichten, auf Wiesen, an Obstbäumen und in Wäldern zum Beispiel. Der Mai ist ihre typische Ausflugszeit, der sie auch ihren Namen verdanken. Allerdings fliegen sie nicht jedes Jahr aus. In Bayern ist 2021 wieder ein Maikäferjahr.

Ein Maikäferschwarm ist so laut wie ein Flugzeug

Im Bayerischen Wald berichten die Landwirte bereits von "Lärm wie von einem Flugzeug" und einem "furchterregenden Brummen", verursacht von Maikäfern, die in der Abenddämmerung über Wiesen und um Lichtkegel schwirren. Doch selbst, wenn sie nicht fliegen, leiden Landwirte und Waldbesitzer unter den gefräßigen Maikäfern: Unter der Erde richten sie im Larvenstadium als Engerlinge den größten Schaden an.

"Wenn die Maikäfer heuer in dieser Menge unterwegs sind, bedeutet das im nächsten Jahr Totalschaden auf unseren Wiesen."

Hans Koller, Bayerischer Bauernverband in Passau

2021 ist Maikäfer-Hauptflugjahr in Bayern

Maikäfer-Arten

Die Gattung der Maikäfer gehört zur Familie der Blatthornkäfer. In Deutschland gibt es drei Maikäferarten: den Feldmaikäfer (Melolontha melolontha), den Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) und den Melolontha pectoralis, der in Deutschland nur im Südwesten so selten vorkommt, dass er noch keinen deutschen Namen bekommen hat. In Bayern ist vor allem der Feldmaikäfer heimisch.

In Bayern ist vor allem der Feldmaikäfer heimisch und in diesem Jahr wieder vermehrt unterwegs: In allen bekannten bayerischen Maikäfer-Gebieten ist 2021 ein Hauptflugjahr. Aufgrund des besonderen Maikäfer-Lebenszyklus ereignet sich das Naturschauspiel nur alle vier Jahre. Das letzte Hauptflugjahr war 2018, das zugleich das erste Lebensjahr der neuen Maikäfer-Generation war. Eine Ausnahme sind die Maikäfer in Reichling im Landkreis Landsberg/Lech: Hier gibt es mehrere Generationen von Maikäfern, sodass dort jedes Jahr Maikäfer fliegen und der Ort zum "Maikäferdorf" wurde. Der Waldmaikäfer kommt in Bayern nur unwesentlich vor. Ihn findet man in Deutschland vor allem in den Wäldern des Rhein-Main-Gebiets. Dort besitzt er mit sandigen Böden, viel Sonneneinstrahlung und ausreichend Feuchtigkeit einen idealen Lebensraum.

Maikäfer in Bayern

In Bayern gibt es einige Gebiete, in denen es besonders viele Maikäfer gibt:

  • Niederbayern: im Bayerischen Wald, in den Landkreisen Deggendorf, Regen, Freyung-Grafenau und Passau. Besonders intensiv brummt's in Breitenberg, Sonnen, Hauzenberg und Neureichenau.
  • Oberbayern: am Jochberg in Schneizlreuth, in Niederaudorf und Oberaudorf im Inntal, in Reichling im Landkreis Landsberg/Lech und auf der Fraueninsel im Chiemsee.
  • Unterfranken: im Spessart im gesamten Talkessel um Hessenthal-Mespelbrunn und in den benachbarten Ortschaften Heimbuchenthal, Leidersbach und Weibersbrunn.

Das unterirdische Leben des Maikäfers als gefräßiger Engerling

Den größten Teil seines Lebens verbringt der Maikäfer unterirdisch: Drei Jahre lang befinden sich die Maikäfer als Larven - als sogenannte Engerlinge - etwa einen halben Meter tief im Boden und fressen und wachsen. In diesem Stadium richten sie auch den größten Schaden an: In ihrem zweiten Lebensjahr, dem Jahr nach dem Hauptflugjahr, sind sie am hungrigsten und machen sich über Pflanzenwurzeln her.

"Aus den Eiern im Boden schlüpfen die Engerlinge, die im nächsten Jahr die Wurzeln in den Wiesen abfressen, sodass die Grasnarbe keinen Halt mehr hat. Die braun werdenden Grünflächen können dann wie Rollrasen abgezogen werden."

Ullrich Benker, Insektenforscher an der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

Feldmaikäfer-Engerlinge schaden Gräsern, Waldmaikäfer-Engerlinge Bäumen

Feldmaikäfer laben sich hauptsächlich an den Wurzeln von Gräsern, Waldmaikäfer an denen von Bäumen. Ganze Wiesen können dann braun werden und wie vertrocknet aussehen, obwohl sie genügend Wasser abbekommen haben. In der Landwirtschaft kann dann eine Futterquelle wegbrechen. Die Engerlinge des Waldmaikäfers schaden vor allem jungen Bäumen, können aber auch einen ganzen Wald zum Absterben bringen. Schon zwei bis drei Engerlinge pro Quadratmeter Waldboden können Bäumen schaden.

Die Maikäfer machen sich bereit: vom Engerling zur Puppe zum Jungkäfer

In ihrem dritten Lebensjahr verpuppen sich die Engerlinge im Sommer. Im Herbst vor einem Flugjahr schlüpfen die fertigen Jungkäfer und überwintern rund einen Meter tief in der Erde, bis sich die Bodentemperatur im Frühjahr wieder erhöht.

Maikäfer-Porträt in Bildern

Alle vier Jahre fliegen Maikäfer aus

Maikäfer im Mai beobachten

Wer Glück hat, sieht einen Maikäfer fliegen und hört ihn brummen. Gute Chancen hat man in Maikäfer-Jahren und -Gebieten abends, wenn die Maikäfer an Ahorn, Buche, Eiche und Obstbäumen fressen. Typische Maikäfer-Flugzeit ist im Mai und Juni.

In ihrem vierten Lebensjahr sind die Maikäfer bereit zum Ausfliegen. Sobald sich die Erde in etwa 25 Zentimeter Tiefe auf rund zehn Grad Celsius erwärmt hat, graben sich die wechselwarmen Tiere nach oben. Besonders gerne dann, wenn die Lufttemperatur bei circa zwölf Grad liegt und es nicht regnet. Bei einem erneuten Kälteeinbruch mit Frost verharren die Tiere einfach noch weiter unter der Grasnarbe oder graben sich wieder zurück.

Maikäfer müssen keine guten Flieger sein

Meistens kommen die Maikäfer im Mai zum Vorschein. Etwa drei Zentimeter groß brummen sie dann behäbig durch die Luft. Weite Strecken müssen Maikäfer auch gar nicht zurücklegen, es reicht, von der Stelle auf der Wiese, aus der sie aus dem Boden gekrochen sind, bis zum nächsten Baum zu kommen. Dort lassen sich Wald- und Feldmaikäfer die jungen Blätter schmecken.

Maikäfer fressen fast ununterbrochen

Vier bis sieben Wochen lang fressen die Maikäfer ununterbrochen und sind auf Laubbäumen wie Ahorn, Buche, Eiche, Haselnuss und Rosskastanie zu finden, die einzeln in der Landschaft oder mitten in Orten stehen. Aber auch die feinen Lärchen- und sogar Fichtennadeln schmecken ihnen. Gefährlich werden die Maikäfer den Bäumen jetzt nicht mehr: Selbst, wenn sie einen ganzen Baum kahl fressen, bildet er mit dem sogenannten Johannistrieb im Juni wieder neues Grün. Mitunter knabbern Maikäfer auch an Salat, Rüben und Gurken.

"Der Maikäfer-Flug ist langsam, ähnlich dem einer Hummel. Aber sie übertreffen diese sogar, noch weniger elegant im Flug auszusehen."

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Pressemitteilung vom 2. Mai 2021

Der kleine Bruder des Maikäfers: der Junikäfer

Maikäferplage oder Maikäfersterben?

Maikäfer-Vorkommen

In Deutschland fliegen immer weniger Maikäfer, sie sind fast schon eine Rarität geworden und in Bayern nur noch an wenigen Orten überhaupt zu sehen. Ein großflächiges Massenvorkommen, wie es ältere Generationen vielleicht noch kannten, gibt es bei uns eigentlich nicht mehr. Hinzu kommt, dass Maikäfer auch nicht gleich Maikäfer ist: Wenn es in einem Jahr viele Feldmaikäfer gibt, gibt es nicht zwangsläufig auch viele Waldmaikäfer - und umgekehrt. Und auch die einzelnen Arten treten nicht überall gleichzeitig auf: Zwar leben die Maikäfer-Stämme innerhalb der regionalen Vorkommen nach demselben Takt. Diese Taktung gilt aber nicht überregional: Maikäfer in Bayern, Hessen oder Sachsen schlüpfen oft in unterschiedlichen Jahren.

Maikäfer-Geschichte

Weil es immer wieder Interessenskonflikte mit Maikäfern gab, wurden bereits im Mittelalter zahlreiche Versuche unternommen, sie loszuwerden. 1320 befahl man den Maikäfern in Avignon per Gerichtsbeschluss, dass sie sich "binnen drei Tagen auf ein ihnen durch Tafeln bezeichnetes Feld zurückzuziehen hätten, woselbst Nahrung für sie vorhanden sei, und dass die Zuwiderhandelnden als vogelfrei behandelt und ausgerottet werden sollten". 1479 verbannte der Bischof von Lausanne die Maikäfer im Namen Gottes. 1492 wurde Papst Alexander VI. um Hilfe gerufen, um die Engerlinge zu verfluchen. Zum letzten Mal soll es 1829 in der Schweiz zu einer Maikäferbeschwörung gekommen sein.

Maikäfer-Sterben

In Deutschland sind die Maikäferpopulationen seit den 1950er-Jahren stark geschrumpft. Weil Millionen von Maikäfern verheerende Schäden in Forst- und Landwirtschaft angerichtet hatten, wurden sie in den 1950er- und 1960er-Jahren massiv bekämpft - zum Beispiel mit dem inzwischen verbotenen Mittel DDT. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts gab es so viele Maikäfer, dass sie sogar gegessen wurden - und zwar nicht nur gemahlen von Tieren, sondern auch von Menschen: bevorzugt geröstet, als Maikäfersuppe, kandiert oder in Schokolade getunkt. Abermillionen Maikäfer wurden früher auch zu Seifen, Dünger und Fett verarbeitet.

Maikäfer-Plage

Nachdem sie fast als ausgestorben galten, haben sich die Maikäfer heute wieder etwas erholt. Lokal können größere Maikäferbestände auftreten, zu einer Maikäferplage werden und großen Schaden anrichten. Rund alle 30 bis 45 Jahre gibt es außerdem außergewöhnlich viele Maikäfer - dieser Rhythmus wird wahrscheinlich von Krankheiten oder Parasiten bestimmt, die die Käfer befallen.

Maikäfer-Bekämpfung

Den Maikäfer loszuwerden, ist schwierig, weil die Engerlinge unter der Erde fast nicht erreicht werden. Die ausgewachsenen Käfer kommen in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen aus der Erde und müssten während der gesamten Zeitspanne bekämpft werden. Und sie sind robust: Bei Versuchen mit zur Borkenkäfer-Bekämpfung zugelassenen Pflanzenschutzmitteln blieb der Maikäfer nur etwas benommen zurück, teilt die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft mit. Chemische Bekämpfungsmittel gegen Maikäfer sind in Deutschland derzeit nur bei einem Massenbefall zugelassen, ansonsten werden biologische Methoden angewendet. Maikäfer-Männchen werden zum Beispiel mit den Sexuallockstoffen der Weibchen in Fallen gelockt.

Maikäfer paaren sich und sterben

Unterschied zwischen Maikäfer-Männchen und -Weibchen

Maikäfer-Männchen lassen sich leicht von Weibchen unterscheiden, weil sie größere "Nasen" besitzen: Die mit Geruchssensoren besetzten Fühler sind bei den Männchen deutlich ausgeprägter. Kein Wunder, sie beherbergen beim Maikäfermann rund 50.000 Sensoren, bei der Maikäferin rund 8.000.

Der sogenannte Reifungsfraß an den Blättern liefert dem Maikäfer Energie für die anschließende Paarung. Abends, kurz vor Sonnenuntergang, starten die Käfer in die Luft und umschwärmen die Maikäfer-Treffpunkte Bäume, Lichter und Laternen. Auf ihrem sogenannten Schwärmflug suchen sie Geschlechtspartner. Die Weibchen produzieren aus Blattsäften einen alkoholähnlichen Duftstoff. Die Männchen erschnuppern die Weibchen mithilfe ihrer rund 50.000 Geruchsnerven auf den sieben Fühlerblättchen auch über größere Entfernungen. Nach dem Flug lassen sie sich wieder auf einem Baum nieder und paaren sich. Das Maikäfer-Dasein ist kurz und intensiv: Das Männchen stirbt kurz nach der Paarung. Das Weibchen gräbt sich in die Erde ein und legt dort bis zu hundert rund drei Millimeter große Eier mit etwas Kot ab. Der Kot liefert den Larven, die nach rund vier Wochen schlüpfen, Bakterien, mit deren Hilfe sie Wurzeln verdauen können. Nach der Eiablage sterben dann auch die weiblichen Maikäfer. Noch bevor der Juni endet, sind alle Maikäfer verschwunden. Die nächste Generation wächst jedoch schon unter der Erde heran.


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