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Perlen und Perlmutt Wenn Muscheln Schmuck produzieren

Perlen können rund, länglich oder birnenförmig sein, winzig klein oder bald zwei Zentimeter groß, weiß, rosa oder fast schwarz. Immer sind es schimmernde Schmuckstücke - die Muscheln ganz unromantisch für uns produzieren.

Stand: 05.10.2023

Eine Perle liegt in einer Muschel auf dem Sandstrand (Symbolbild). So perfekt sieht eine natürliche Perle nur selten aus - das macht Perlen so kostbar. | Bild: stock.adobe.com/fox17

Sie fühlen sich unglaublich glatt an und glänzen wie kleine Spiegel: Perlen, die kleinen, kostbaren Kugeln. Darüber, wie viel sie kosten und wozu man sie trägt, machen sich wohl mehr Leute Gedanken, als darüber, woher Perlen eigentlich stammen: aus Muscheln, also aus Lebewesen. Von weltweit mehr als 10.000 Muschelarten können aber nur einige wenige überhaupt Perlen hervorbringen. Und davon wiederum nur ein Bruchteil solche, die auch als Schmuckperlen in den Handel gelangen.

Diese Muscheln produzieren Perlmutt

Die Atlantische Perlmuschel (Pinctada imbricata) produziert Perlmutt - und damit auch Perlen.

Zu den bekanntesten Muscheln, die Perlmutt und damit auch Perlen produzieren können, gehört die Gattung Pinctada. Diese Perlmuschel ist im Salzwasser zuhause und sondert Perlmutt ab. "Wenn sie normal lebt und wächst, produziert sie also immer Perlmutt", erklärt Gerhard Haszprunar, bis März 2023 Leiter der Zoologischen Staatssammlung München. Perlmuscheln der Gattung Hyriopsis leben im Süßwasser, die Gattung Margaritifera sogar in Flüssen.

Fremdkörper wird von Muscheln mit Perlmutt ummantelt

In einer Muschel kann nur dann eine Perle entstehen, wenn ihr Mantelgewebe durch einen Fremdkörper verletzt wurde.

Manchmal rutscht zwischen das Mantelgewebe einer Muschel und ihre Schale ein Fremdkörper. "Dann wird auch er - so wie alles andere - mit Perlmutt umschlossen und das wird dann eben eine Perle", sagt Haszprunar. "Die chemische Zusammensetzung ist immer gleich: Calcit kombiniert mit organischen Zwischenschichten", weiß Haszprunar. Die Muschel macht eigentlich nichts anderes, als Eindringlinge, die ihr Inneres verletzt haben, einzumauern. Wenn auch mit einer wunderschönen Schicht, mit der sie sie immer und immer wieder überzieht.

Von der Muschel zur Perle

Aufbau einer Muschel

Eine Muschel besteht aus ihrer Schale, dem inneren Weichtier samt seinen Organen, und dem Mantel, einem Hautlappen, der sich innerhalb der Schale schützend um das Weichtier legt. Im Mantelgewebe befinden sich die Zellen, die Perlmutt produzieren und die für den Aufbau der Schale sowie der Perle verantwortlich sind. Mittlerweile gilt als gesichert, dass allein aus einem eingedrungenen Sandkorn noch keine Perle wird. Sonst würde die Muschel ständig in ihrem natürlichen Lebensraum von Unmengen von Sand bedroht - und es wären wohl auch viel mehr Perlen in freier Natur zu finden.

Aufbau einer Perle

Wenn ein Fremdkörper oder Parasit das Mantelgewebe der Muschel verletzt und mit den verschleppten Gewebezellen ins Innere gelangt, umschließt ihn die Muschel mit ihren Mantelzellen. In diesem Sack wird der Fremdkörper dann mit mehreren Lagen Perlmutt und Proteinen sowie dem sogenannten Conchin, das wiederum unter anderem aus Aminosäuren und Polysacchariden besteht, als Kleber überzogen. Das Ergebnis ist eine Perle, deren Größe und Form immer auch von der Art des ummantelten Fremdkörpers abhängt. Perlen können von Weiß über Gelb und Rosa bis zu dunklem Anthrazit mit einem blauen, grünen, pinken, violetten oder schwarzen Schimmer in vielen Farben auftreten. Welche Farbe die Perle bekommt, hängt von der Art der Muschel und ihrem Lebensraum, samt Wassertemperatur und Nahrung, ab. Zu den größten Perlen gehören Südsee-Perlen, die rund 20 Millimeter groß werden können.

Perlen werden viele Bedeutungen zugeschrieben

"Jede Perle eine Träne"

Perlen werden nicht nur positive Bedeutungen zugeschrieben. Für viele symbolisieren Perlen Tränen.

Seit Jahrtausenden gelten Perlen als Kostbarkeiten: In vielen verschiedenen Kulturen sind sie Symbole für Weiblichkeit, Schönheit oder Reichtum. Sie stehen für Vollkommenheit, im Buddhismus für Vollendung und Ewigkeit. Natürliche Perlen sind jedoch, eben weil sie ein Naturprodukt sind, selten perfekt. Naturperlen sind meist nicht größer als zwei Zentimeter und durchaus nicht immer kugelrund, makellos weiß und ebenmäßig schimmernd. Gerade ihr Schimmer ist das besondere Merkmal der Perlen. Dieser eigentümliche Glanz wird Lüster genannt. Hervorgerufen wird er von Lichtbrechungen an den Rändern der Kristalle des Perlmutts. Ein Grund, warum sie früher unbezahlbar waren und noch immer wertvoll und kostbar sind. Wenn man denn überhaupt mal eine der seltenen Naturperlen entdeckt.

Perlen in der Perlenfarm: pflanzen und ernten

Längst werden Perlen deshalb gezüchtet - oder besser gepflanzt und geerntet. Für die sogenannte Impfung gibt es zwei Methoden: eine Transplantation mit oder ohne Kern.

Methode 1: Muschel bekommt Perlmuttkugel und fremdes Gewebe

Bei der ersten Methode wird in die Muschel ein kleines Perlmuttkügelchen eingepflanzt, zusammen mit einem Stückchen Mantelgewebe einer Spendermuschel. Das Weichteilgewebe befindet sich normalerweise direkt unter der Muschelschale und produziert die Schale aus Perlmutt. Die Muschel reagiert, bildet den sogenannten Perlsack um den Fremdkörper und ummantelt ihn mit Perlmutt. Die implantierte Perlmuttkugel sorgt dafür, dass die Perle mit hoher Wahrscheinlichkeit vollrund wird - eine Zuchtperle mit Kern entsteht. Bei dieser Perlzucht-Methode ist die Sterberate der behandelten Muscheln höher.

Methode 2: Muschel bekommt nur fremdes Gewebe, keinen Kern

Mittlerweile stammen fast alle Perlen aus der Zucht. In einer Muschel lassen sich mehrere Perlen gleichzeitig produzieren.

Bei der zweiten Methode, die vor allem bei Süßwassermuscheln angewandt wird, verzichtet man auf das Kügelchen und implantiert lediglich ein Stückchen fremden Mantelgewebes. Das reicht aus, um die Muschel zur Produktion einer Perle anzuregen.

Ergebnis der Impfung: Muschel überzieht Fremdkörper mit Perlmutt

Bei beiden Methoden umschließt die Empfängermuschel den Fremdkörper Schicht um Schicht mit Perlmutt. Nach etwa zwei bis drei Jahren kann die Perle geerntet werden. Oder besser gesagt: die Perlen. In manchen Muscheln werden Dutzende von Perlen gleichzeitig gezüchtet. Allerdings ist der Anteil an Perlen, die tatsächlich geerntet werden, sehr gering: Nicht einmal ein Drittel aller "geimpften" Muscheln entwickeln wirklich Perlen. Und von diesen ist meist nur ein Bruchteil als Schmuck brauchbar.

Japanisches Patent für die Perlenzucht

Bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es ausschließlich natürlich entstandene Perlen. Dass die edlen Kugeln heute in allen Größen und Schattierungen zu haben sind, ist einem Verfahren zu verdanken, das unter anderem der Japaner Kokichi Mikimoto mitentwickelt hat. In Asien wurden bereits vor mehr als tausend Jahren kleine Buddha-Figuren in Perlmuscheln gesteckt, um sie mit einer Perlmuttschicht überziehen zu lassen. Das Verfahren geriet jedoch in Vergessenheit, wurde Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt und weiterentwickelt. Mikimoto war dabei besonders erfolgreich - und erhielt 1919 ein Patent auf seine Methode. So wurden Perlen erschwinglich.

Perlen können zerkratzen und nicht mehr glänzen

Empfindlich sind sie geblieben: Perlen können zerkratzen und ihren Glanz verlieren. Die Knoten zwischen den Perlen einer Perlenkette verhindern deshalb nicht nur, dass sie bei einem Riss alle davon kullern: Die Schlingen halten die Perlen auch auf Abstand, denn wenn sie aneinander scheuern, nutzt sich das Perlmutt ab. Vorsichtig sein sollte man aber auch mit Cremes, Deos, Parfums oder Haarspray - sie greifen die Oberfläche der Perle an.

Perlen richtig reinigen

Perlen pflegen und schützen

Auch beim Reinigen von Perlen sollte man besser sanft vorgehen: "Wenn man Perlen reinigen möchte, reicht lauwarmes Wasser, vielleicht ein Schuss Alkohol dazu", empfiehlt Jonas Jückstock, Fachrestaurator im Restaurierungszentrum der Bayerischen Schlösserverwaltung. "Aber den Perlglanz, der über die Jahre verloren geht, wiederherzustellen, das ist schwierig bis manchmal auch unmöglich." In älteren Empfehlungen hat der Restaurator einen ganz speziellen Tipp gefunden: "Da wurde angeraten, die Perlen an Hühner zu füttern. Die Perlen sollen den Hühnerkörper durchlaufen und danach in besserem Glanz sein. Ich hab das nie ausprobiert ... Ich halte mich tatsächlich an das lauwarme Wasser", erzählt Jückstock.

Muscheln sind gefährdet

Muscheln sind sensible Wesen: Sie brauchen Sauerstoff, sauberes Wasser und eine bestimmte Wassertemperatur. Mittlerweile stammen wohl rund 99 Prozent aller Perlen aus Zuchtbeständen. Die natürlichen Muschelbestände der Meere sind durch die wachsende Verschmutzung schwer beeinträchtigt. Auch Flussperlmuscheln gibt es kaum noch.

Perlenpulver für die Kosmetik

Doch selbst von den gezüchteten Muscheln schaffen es nicht alle in den Handel. Perlen niederer Qualität werden entweder geschönt, etwa mit Wasserstoffperoxid gebleicht - oder gleich pulverisiert, dann landen sie in der Kosmetikindustrie. Wer Perlen nicht um den Hals trägt, trägt sie dann vielleicht im Gesicht: als Hautcreme. Schon vor Jahrtausenden wurde Perlpulver in der asiatischen Kosmetik eingesetzt. Heute dient es vor allem dazu, Kosmetikprodukten einen Hauch Luxus zu verleihen.

Sendungen zum Thema Perlen, Perlmutt und Muscheln:


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