Kontroverse Kohle Das bringt uns das Naturprodukt Kohle

Von: Franziska Konitzer

Stand: 28.01.2022 10:48 Uhr

Kohle hat kein gutes Image. Aber eigentlich sind Braunkohle und Steinkohle echte Naturprodukte. Und was ist mit der Grillkohle? Wo kommt die ganze Kohle her? Was ist das Problem, wenn man Kohle anzündet?

Fördergerüst der Zeche Zollverein Schacht XII, Essen, Ruhrgebiet, Nordrhein-Westfalen, Deutschland, Europa | Bild: picture alliance / imageBROKER | Stefan Ziese

Als fossiler Brennstoff kommt Kohle zurecht nicht gut weg. Verbrennt man sie, wird dabei CO2 freigesetzt und der menschengemachte Klimawandel regelrecht befeuert. Den Wohlstand unserer Vorfahren und die Industrialisierung haben Steinkohle und Braunkohle aber überhaupt erst ermöglicht. Mit Kohle könnt ihr aber auch noch andere Dinge tun, als sie anzuzünden: Sie schlucken, zum Beispiel. Oder damit fantastische Höhlenmalereien anlegen, die auch noch nach 30.000 Jahren begeistern. Oder euch fragen, wo die ganze Kohle eigentlich herkommt - und welche die beste Grillkohle ist.

1. Einsatzmöglichkeit: Mit Kohle könnt ihr euch künstlerisch betätigen

Mit Kohle gemalt: Höhlenmalereien in der Chauvet-Höhle | Bild: picture alliance / AP Images | Claude Paris

Die Hölenmalereien in der Chauvet-Höhle sind rund 30.000 Jahre alt - und wurden teilweise mit Holzkohle auf die Wände gemalt.

Die allerersten Kunstwerke der Menschen, die wir heute noch kennen, haben wir ausgerechnet der Kohle zu verdanken. Denn vor vielen tausend Jahren fertigten Menschen in Europa fantastische Höhlenmalereien an, die sich bis heute erhalten haben: Besonders bekannt sind die Höhlen von Altamira, Lascaux oder Chauvet. Eine für uns fremde Welt tut sich auf diesen Malereien auf: Pferdeherden, Wollnashörner, Löwen, Auerochsen haben diese Menschen dargestellt.

In der Höhle von Chauvet malten sie teilweise mit Holzkohle auf die Höhlenwände - und ließen ihre künstlerischen Utensilien anschließend einfach in der Höhle zurück. Diese Holzkohlestückchen erlaubten es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, das Alter der Malerien zu bestimmen: Sie sind auf ein Alter von rund 30.000 Jahren gekommen.

Solltet ihr Lust und zufällig eine geeignete Höhle zur Hand haben: Zeichenkohle könnt ihr kaufen oder selbst herstellen. Sie besteht aus gepresstem Holzkohlepulver oder einfach einem Holzkohlestäbchen.

2. Einsatzmöglichkeit: Steinkohle und Braunkohle lassen sich anzünden

Abbau von Braunkohle: Ein Schaufelradbagger zeichnet sich im Tagebau Welzow-Sued vor dem Kraftwerk Schwarze Pumpe in der Lausitz ab. | Bild: picture alliance / photothek | Florian Gaertner

Im Hintergrund des Braunkohletagebaus Welzow-Süd ist das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe zu sehen.

Kohle lässt sich auch anzünden. Dabei wird Energie freigesetzt. Dieser einfache Zusammenhang hat die Industrialisierung überhaupt erst ermöglicht. Noch heute deckt die Verbrennung von Steinkohle und Braunkohle rund vierzig Prozent des weltweiten Energiebedarfs, indem Kohle zur Stromerzeugung in Kraftwerken verbrannt wird.

Bereits vor Jahrzehnten allerdings fiel auf, dass das Verbrennen von fossilen Brennstoffen wie Kohle einen unerwünschten Nebeneffekt hat: Denn neben der gewünschten Energie wird dabei Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Dieses CO2 trägt in der Erdatmosphäre zum menschengemachten Klimawandel bei.

Deshalb kann das Verbrennen von fossilen Brennstoffen global betrachtet eigentlich nicht als gute Idee gewertet werden.

Naturprodukt Kohle: Fotosynthese rückwärts

"In gewisser Weise sind eigentlich alle fossilen Rohstoffe auch Naturprodukte. Die Energie, die wir daraus nutzen ist nichts anderes als gespeicherte Sonnenenergie - nämlich die Sonnenenergie, die vor Jahrmillionen genutzt wurde, um aus Kohlendioxid und Wasser Biomasse zu produzieren. Wenn wir diese Biomasse Jahrmillionen später verbrennen, wird das CO2 wieder zurückgeführt in die Atmosphäre, und dabei wird auch die gespeicherte Sonnenenergie frei. Jeder Verbrennungsprozess, bei dem Biomasse verbrannt wird, ist Fotosynthese rückwärts."

Thassilo Franke, Biologe, Naturkundemuseum BIOTOPIA, München, in 'Alles Natur - Kontroverse Kohle', IQ - Aus Wissenschaft und Forschung, 01.02.2022

3. Einsatzmöglichkeit: Kohle betrachten

Braunkohle, Steinkohle, Holzkohle: verschiedene Arten von Kohle | Bild: BR/Bernhard Kastner

Steinkohle, Braunkohle - und das, was ausschaut wie ein Stück Holz, ist Xylit und Millionen von Jahren alt. Es ist nicht ganz inkohlte Biomasse.


4. Einsatzmöglichkeit: Kohle zum Grillen

Plakat von Umweltschutz-Demonstranten mit den Worten "Kohle nur noch zum grillen". | Bild: stock.adobe.com/thauwald-pictures

Für's Grillen ist weder Steinkohle noch Braunkohle geeignet, sondern Holzkohle. Sie entsteht durch einen Prozess namens Pyrolyse.

Gar nicht verkohlt: Was ist die beste Grillkohle?

Abholzung des Regenwaldes in Brasilien | Bild: stock.adobe.com/guentermanaus

Für Grillkohle viel zu schade: In einigen Grillkohlen sind Tropenhölzer enthalten.

Die beste Grillkohle besteht aus Hartholz, weil Hartholz sehr dicht ist. Denn wenn Holz verkohlt wird, bleibt im Idealfall hauptsächlich Kohlenstoff zurück - der Stoff, der die Hände beim Anfassen der Grillkohle schwarz macht. Bei der Verkohlung verliert das Holz an Gewicht und es schrumpft zusammen. Ein genauerer Blick auf Holzkohle lohnt sich aber, bevor man damit das nächste Mal den Grill einheizt: "Da kann man noch wunderbar die Struktur des Holzes erkennen, man sieht zum Teil noch die Jahresringe", sagt der Biologe Thassilo Franke vom Naturkundemuseum BIOTOPIA in "Alles Natur - Kontroverse Kohle", in IQ - Aus Wissenschaft und Forschung, Bayern 2.

Thassilo Franke sagt: "Wenn man einen Dünnschliff macht und die Holzkohle unterm Mikroskop anschaut, kann man sogar die Art der Bäume nachweisen. Wenn beispielsweise ein Hersteller Buchenholzkohle verkauft und sagt, da sei kein Tropenholz enthalten, kann man das immer noch nachweisen."

2020 hat der WWF eine Marktanalyse unter in Deutschland verkauften Holzkohleprodukten durchgeführt und festgestellt, dass in sechs von 23 untersuchten Proben Tropenholz enthalten war. Nur in einem einzigen Fall war dies auf der Packung richtig angegeben.

5. Einsatzmöglickeit: Kohle essen

22.04.2018, Hessen, Michelstadt: Der preisgekrönte Konditormeister Bernd Siefert steht mit seiner Kreation eines schwarzen Eises vor einem mit schwarzer Folie verklebten Schaufenster. Das Eis besteht aus Kokosmilch, Zucker und Aktivkohle | Bild: picture alliance / Frank Rumpenhorst/dpa | Frank Rumpenhorst

Zu viel von diesem Eis ist vielleicht keine gute Idee. Aktivkohle kann nicht nur Schadstoffe im Körper binden, sondern auch Nährstoffe.

Kohle essen - freiwillig? Als Lebensmittel sind weder Kohle noch Kohlenstoff geeignet. Als Aktivkohle kann sie aber bei Vergiftungen und Durchfall zum Einsatz kommen. Aktivkohle ist poröser, feinkörniger Kohlenstoff mit einer großen inneren Oberfläche und eignet sich daher besonders gut, um eine Vielzahl an Stoffen zu binden - man spricht hier auch von Adsorption. Deshalb gibt es Aktivkohle nicht nur als Kohletabletten für Menschen, sie kommt auch in Filteranlagen zum Einsatz.

Aktivkohle Wundermittel Kohlenstoff?

"Ein Stück Aktivkohle vom Gewicht einer Ein-Cent-Münze hat ungefähr die innere Oberfläche von einem Fußballfeld."

Thassilo Franke, Biologe, Naturkundemuseum BIOTOPIA, München

Audio: "Kontroverse Kohle" mit Thassilo Franke und Iska Schreglmann