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Weltbevölkerung Bevölkerung schrumpft erst bei zehn Milliarden

Schon jetzt gibt es über acht Milliarden Menschen auf der Erde. Bis 2084 könnten sogar zehn Milliarden Menschen die Welt bevölkern. Warum sich das Wachstum der Weltbevölkerung trotzdem verlangsamt, erfahrt ihr hier.

Stand: 15.07.2024 14:20 Uhr

Bevölkerungswachstum: Wie viel verträgt die Erde?

Gerade leben rund 8,11 Milliarden Menschen auf der Erde (Stand Juli 2024). Die Marke von acht Milliarden Menschen wurde bereits 2022 überschritten. Alle zwei Jahre gibt die UN neue Prognosen zur Weltbevölkerung ab. Am Weltbevölkerungstag 2024, am 11.07.2024, veröffentlichte die UN ihre neuen Zahlen, die auf Daten aus dem Jahr 2023 beruhen.

Weltbevölkerung schrumpft ab 2084

Wie auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung berichtet, dürfte laut UN-Prognose der Höhepunkt des Bevölkerungswachstums in den 2080er-Jahren erreicht sein. Erst ab dem Jahr 2084 soll die Weltbevölkerung wieder schrumpfen - bei dann knapp zehn Milliarden Menschen.

Sinkende Geburtenzahlen und mehr Sterbefälle wirken sich auf Weltbevölkerung aus

Den Wissenschaftlern zufolge bekommen Frauen weltweit heute im Durchschnitt etwa 2,2 Kinder. Das ist im Durchschnitt etwa ein Kind weniger als noch 1990. Der Rückgang des Geburtenniveaus habe in den vergangenen Jahrzehnten alle Regionen erfasst. Aufgrund der Trägheit demografischer Prozesse dauere es aber bis 2084, bevor die Weltbevölkerung ihr Maximum erreicht. Danach soll die sinkende Zahl an Geburten von der wachsenden Zahl an Sterbefällen überholt werden. Die Weltbevölkerung altert dann nicht nur, sondern beginnt auch zu schrumpfen.

Unterschiedliche Prognosen zum Bevölkerungswachstum

Die zukünftige Weltbevölkerung wird von der UN geringer geschätzt als noch in der Version von 2022. Allerdings ist die Abweichung vergleichsweise klein: Zu keinem Zeitpunkt beträgt die Differenz zwischen den beiden Projektionen mehr als 200 Millionen Menschen. Auch das Bevölkerungsmaximum verschiebt sich nur wenig.

Ob das weltweite Bevölkerungswachstum sich irgendwann verlangsamt oder gar zum Halten kommt, dazu gibt es unterschiedliche Befunde: Die internationale Initiative Earth4All geht in einem Bericht aus dem Jahr 2023 davon aus, dass die Weltbevölkerung um 2050 einen Höchststand von knapp unter neun Milliarden Menschen erreichen und danach abnehmen wird. Die Zahlen ihrer Prognose liegen damit deutlich unter dem Höchststand, den die UN berechnet hat.

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#Faktenfuchs: Beziehung Bevölkerungswachstum-Klimawandel

Verschiedene Szenarien für weltweites Bevölkerungswachstum

Die Forschenden der Initiative Earth4All zeichneten 2023 zwei mögliche Szenarien für die Zukunft. Im ersten entwickelt sich die Welt wirtschaftlich ähnlich weiter wie in den letzten 50 Jahren. Dann wird die Bevölkerung bis 2050 langsamer wachsen, etwa im Jahr 2046 ihr Maximum von etwa 8,6 Milliarden erreichen und bis 2100 auf 7,3 Milliarden Menschen schrumpfen. Im zweiten Szenario könnte der Höchststand sogar schon 2040 erreicht sein, wenn es unter anderem größere Investitionen zur Bekämpfung von Armut gäbe.

Bereits im Juli 2020 erschien eine Studie im Fachmagazin The Lancet, die zu einem weitaus geringeren Bevölkerungswachstum in ihren Prognosen kam als die Vereinten Nationen (UN) 2022: Statt der von der UN im Jahr 2022 erwarteten knapp elf Milliarden Menschen im Jahr 2100 würden es laut Berechnung der Wissenschaftler von der Washington-Universität in Seattle nach einem Höchststand im Jahr 2064 bis 2100 "nur" noch 8,8 Milliarden Menschen sein. Die nach unten korrigierte Prognose im UN-Bericht 2024 nähert sich dem an.

Weltbevölkerung: Wachstumsrate sinkt

Tatsächlich wächst die Zahl der Menschen auf der Welt aktuell langsamer als in den vergangenen 70 Jahren. Erstmals seit 1950 sei die Wachstumsrate der Weltbevölkerung 2020 auf unter ein Prozent pro Jahr gesunken, so der UN-Bericht Mitte 2022. Demnach liege sie nur noch bei 0,8 Prozent. Damit hat sich das Wachstum in den letzten 50 Jahren mehr als halbiert. Wegen der Corona-Pandemie war die Lebenserwartung im Jahr 2021 auf 71 Jahre gesunken - 2019 habe sie noch bei 72,9 Jahre gelegen. Inzwischen steigt die Zahl wieder an und lag 2023, laut dem UN-Report von 2024, durchschnittlich bei 73,3 Jahren.

In einigen Ländern schrumpft die Bevölkerung bereits

Sinkende Geburtenraten führen zu einem schwächeren Bevölkerungswachstum. Bei etwa zwei Kindern pro Frau wäre die sogenannte "Erhaltungsrate" erreicht. Sinkt die Geburtenrate unter diesen Wert, wird die Weltbevölkerung langsam wieder abnehmen. Zwar werden viele Länder mit einem hohen Geburtenüberschuss noch weiter wachsen. Laut dem UN-Bericht von 2024 bekommt in mehr als der Hälfte aller Länder und Gebiete eine Frau im Durchschnitt weniger als 2,1 Kinder. Dies sei die Anzahl an Kindern, durch die eine Bevölkerung langfristig (ohne Migration) eine konstante Bevölkerungsgröße erhält. Die Zahl der Länder mit niedriger Geburtenrate nimmt immer mehr zu, so auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB).

57 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Städten

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt derzeit in städtischen Siedlungen. 1950 lag dieser Wert noch bei etwa 30 Prozent. Bis 2050 werden wahrscheinlich zwei Drittel der Menschen weltweit in Städten leben - weil mehr Leute vom Land in die Städte abwandern und dort noch mehr Kinder geboren werden, aber auch, weil ländliche Siedlungen zu Städten anwachsen werden.

Wann erreicht die Weltbevölkerung ihr Maximum?

Noch sorgt die in vielen Ländern junge Altersstruktur der Bevölkerung dafür, dass die Geburten die Sterbefälle weltweit noch übersteigen. Dass dieser Geburtenüberschuss noch für mehrere Jahrzehnte, bis mindestens zur zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, anhalten wird, darin sind sich alle Studien einig. In welchem Jahr und mit wie vielen Menschen die Weltbevölkerung ihr Maximum erreichen wird, ist deshalb schwer vorhersagbar.

Weltbevölkerung wächst jedes Jahr um etwa 66 Millionen

Verlauf der Bevölkerungszahlen seit 1800

Grundsätzlich ist der rapide Anstieg der Weltbevölkerung ein Phänomen der jüngeren Zeit. Vor 8.000 Jahren, zum Ende der letzten Eiszeit, lebten nach Schätzungen des unabhängigen Population Reference Bureaus auf unserem Planeten nur rund fünf Millionen Menschen. Vor 2.000 Jahren waren es rund 300 Millionen. Rasant wurde der Anstieg erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts, nachdem die erste Milliarde erreicht war. Zwei Milliarden Menschen gab es im Jahr 1927, drei Milliarden 33 Jahre später im Jahr 1960. Bis zur vierten Milliarde dauerte es dann nur noch 14 Jahre (1974). 1987, nur 13 Jahre später, wurde die fünfte, 1999 die sechste Milliardengrenze überschritten. Am 31. Oktober 2011 wurde der siebenmilliardste Mensch geboren.

Größter Teil der Weltbevölkerung lebt in Asien

Der größte Teil der Weltbevölkerung ist mit 59,4 Prozent in Asien zu Hause. Die übrigen Menschen der Welt verteilen sich zu 17,8 Prozent auf Afrika, zu 9,3 Prozent auf Europa, zu 8,2 Prozent auf Lateinamerika, zu 4,7 Prozent auf Nordamerika und zu 0,6 Prozent auf Australien/Ozeanien (Stand: 2022). Als bevölkerungsreichstes Land hat im Frühjahr 2023 Indien China überholt.

Geburtenrate: weltweit weniger Kinder

Frauen bekommen heute im weltweiten Durchschnitt weniger Kinder als früher: Nach Angabe des UN-Reports von 2023 liegt der weltweite Durchschnitt bei 2,2 Kindern pro Frau. Damit hat sich die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau seit den 1960er-Jahren mehr als halbiert. Damals bekam im Durchschnitt jede Frau noch fünf Kinder. Das niedrigste Geburtenniveau weisen Europa (1,5 Kinder pro Frau) und Nordamerika (1,6 Kinder pro Frau) auf (Stand: 2023). Laut einer Studie, an der das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und die Uni Stockholm beteiligt waren, ist die Geburtenziffer 2022 auf 1,3 bis 1,4 Kinder pro Frau gesunken. Von 2015 bis 2021 lag sie noch zwischen 1,5 und 1,6. Laut dem Statistischen Bundesamt bekamen Frauen im Jahr 2023 in Deutschland durchschnittlich 1,4 Kinder.

Geburtenniveau in Afrika am höchsten

In Afrika ist die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau mit 4,1 am höchsten - doch auch hier lag sie Mitte der 1980er-Jahre noch bei 6,6. (Stand: 2024). Spitzenreiter sind Niger (6,7 Kinder pro Frau), Tschad (6,2) und Somalia (6,1) (Zahlen von 2023). Dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zufolge, das sich auf die Zahlen aus dem UN-Report 2024 bezieht, sei Subsahara-Afrika eine Schlüsselregion in den kommenden Jahrzehnten. Während eine steigende Zahl an Ländern Sterbeüberschüsse verzeichne, liege das Geburtenniveau dort noch immer bei durchschnittlich 4,3 Kindern je Frau. Bis zum Ende des Jahrhunderts werde die Region deshalb von heute 1,2 auf 3,4 Milliarden Menschen weiter anwachsen, selbst wenn das Geburtenniveau auf zwei Kinder je Frau sinken sollte. In dieser Weltregion, wo über 40 Prozent der Menschen unter 15 Jahre alt sind, bekämen viele Mädchen immer noch sehr früh und häufig mehr Kinder, als sie versorgen könnten.

Geburtenniveau in China und Südkorea am niedrigsten

Die Länder, in denen gerade die wenigsten Kinder geboren werden, sind derzeit Hongkong (0,7), Südkorea (0,8) und die Britischen Jungferninseln (1,03). In Europa kommen die wenigsten Kinder in San Marino und Andorra (jeweils 1,15) zur Welt. (Stand: 2023)

"Die Fruchtbarkeitsziffern sinken, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhalten und Frauen wirtschaftlich gestärkt werden und Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung haben."

Per Espen Stoknes, Leiter des Earth4All-Projekts

Zahl der Kinder abhängig vom Bildungsgrad der Frau

Wie hoch die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau ist, hängt Studien zufolge vor allem mit dem Bildungsstand der weiblichen Bevölkerung im fortpflanzungsfähigen Alter zusammen. "Bildung geht mit mehr Chancen und Möglichkeiten einher und erlaubt ein selbstbestimmteres Leben", heißt es im Bericht "Globale Bevölkerungsentwicklung" von 2021. In vielen Ländern haben Frauen keine oder nur sehr geringe Mitspracherechte bei der Familienplanung. Kinderreichtum wird oft noch immer als Absicherung fürs Alter gesehen. Viele Frauen heiraten sehr jung und werden dann Mutter. Und vielen Millionen Frauen fehlen schlicht bezahlbare Verhütungsmittel, es mangelt an Aufklärung und einer guten Gesundheitsversorgung. Teenagerschwangerschaften bedeuten in vielen Fällen das Ende der Schullaufbahn, womit den Frauen und Mädchen die Chancen auf eine Ausbildung und ein eigenständiges Einkommen genommen werden.

Weniger Nachwuchs: Mehr Aufmerksamkeit pro Kind

11. Juli: Weltbevölkerungstag

Am 11. Juli 1987 gab es fünf Milliarden Menschen auf der Erde. Das nahmen die Vereinten Nationen zum Anlass, den Internationalen Weltbevölkerungstag einzuführen. Nicht aus Freude, sondern um das weitere Wachstum möglichst zu bremsen.

Für John Wilmoth, Direktor der UNO-Bevölkerungsabteilung, stecken in der globalen Entwicklung des langsameren Bevölkerungswachstums - trotz aller regionalen Unterschiede - viele Chancen vor allem für Entwicklungsländer. Dies gelte neben der Bekämpfung von Armut und Hunger vor allem für das Thema Bildung: Weniger Nachwuchs erhöhe die Aufmerksamkeit pro Kind.

"Wenn die durchschnittliche Familiengröße sinkt, wird es sowohl Familien als auch Gesellschaften möglich, mehr in jedes Kind zu investieren, die Qualität der Bildung zu verbessern und das Humankapital der Bevölkerung zu entwickeln."

John Wilmoth, Direktor der Uno-Bevölkerungsabteilung

Sendungen und Quellen zum Bevölkerungswachstum

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