Insekten, Algen, Fleischersatz Wie ernähren wir uns in Zukunft gesund?

Von: Constanze Álvarez, Bernd Thomas, Monika Hippold

Stand: 24.01.2023

Wie kann sich die wachsende Weltbevölkerung auf Dauer ernähren, ohne die Umwelt dabei zu belasten? Wie könnt ihr dazu beitragen, lohnt es sich, die Ernährung umzustellen? Neue Ansätze gibt es viele - vom Algengericht über frittierte Heuschrecken bis zum Fleisch aus dem Labor. Aber ist das wirklich gesund und schmeckt das auch?

Die konverntionelle Landwirtschaft schadet dem Klima. Insekten könnten als Proteinquelle eine alternative zur aufwendigen Rindfleischproduktion werden.  | Bild: dpa-Bildfunk

Der Klimawandel und die wachsende Erdbevölkerung zwingen uns dazu, unsere Essgewohnheiten zu überdenken. 2050 werden schätzungsweise zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Wie sollen sie alle satt werden? Nur durch einen grundlegenden Umbau unseres Ernährungssystems, da sind sich die Experten einig. Das jetzige System setzt unserer Umwelt zu – und durch viele ungesunde Lebensmittel auch uns.  

Zu viel Fett, zu viel Salz, zu viel Zucker, zu viel rotes Fleisch, zu wenig Obst und Gemüse - mittlerweile leiden über zwei Milliarden Menschen weltweit an Übergewicht. Auch Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Krankheiten hängen mit einer ungesunden Ernährung zusammen. Demgegenüber stehen mehr als 800 Millionen Menschen, die Hunger leiden. Gleichzeitig stößt unser Ernährungssystem mehr als ein Drittel aller globalen Treibhausgase aus. Die Landwirtschaft nimmt mehr als ein Drittel aller Landflächen ein, verbraucht mehr als zwei Drittel allen Frischwassers und belastet Flüsse und Meere durch Überdüngung.

Video: Ernähren wir uns in Zukunft von Fleisch aus dem Labor?

Experten raten: Fleischkonsum halbieren

Wie werden wir in Zukunft alle satt? | Bild: DGE, Deutsche Gesellschaft für Ernährung

"Im Prinzip haben wir gar keine Alternative. Wir müssen das ändern, damit wir die Klimaveränderung nicht weiterhin so negativ beeinflussen. Bei einer fleischbetonten Ernährung ist nicht nur zu viel Fleisch da, sondern es fehlen die pflanzlichen Lebensmittel."

Prof. Dr. oec. troph. Bernhard Watzl, Ernährungswissenschaftler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Weniger Fleisch,  mehr pflanzliche Lebensmittel

Die Forscher der EAT-Lancet-Kommission raten dazu den Zucker- und Fleischkonsum zu halbieren, Obst, Gemüse und Nüsse dafür in doppelter Menge zu verzehren, siehe Tabelle. | Bild: EAT-Lancet-Commission

Alle zwei Wochen ein kleines Steak, ein bis zwei Eier in der Woche, ansonten viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse, das raten die Experten.

Wie kann sich die Erdbevölkerung gesund ernähren, ohne dabei die Umwelt zu schädigen? Eine Experten-Kommission der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet hat 2019 einen Plan dazu entworfen, wie das gelingen kann (s. Tabelle). Auf den Alltag übertragen lassen sich die Empfehlungen folgendermaßen zusammenfassen: Alle zwei Wochen ist ein Steak erlaubt, ansonsten ein bis zwei Eier die Woche. Dafür reichlich Gemüse, Hülsenfrüche, Nüsse und Obst - wobei ein Apfel genügt, um das Tagespensum zu erfüllen. Und: wenig Zucker.

Der Speiseplan umfasst ca. 2.500 Kalorien, für körperlich Arbeitende etwas wenig, bemängeln Kritiker. Sogenannten "Flexitariern", die sich nur ab und zu ein bisschen Fleisch gönnen, dürfte der Plan entgegenkommen. Die Forscher der EAT-Lancet-Kommission schätzen, dass die "Planetary Health Diet" ungefähr elf Millionen vorzeitige Todesfälle durch ernährungsbedingte Erkrankungen verhindern könnte. Bei uns in Deutschland sinkt der Fleischkonsum inzwischen, ist aber mit durchschnittlich 55 Kilogramm pro Kopf und Jahr noch rund doppelt so hoch wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen.

Essbare Insekten: Hochwertige Eiweißlieferanten

Heuschrecken sind um ein vielfaches anspruchsloser was Futter und Wasser angeht als Rinder. Dabei ist sowohl ihr essbarer Anteil als auch ihr Proteingehalt größer. Die Heuschreckenzucht ist also um einiges umweltfreundlicher und effizienter als die Rinderzucht.  | Bild: Fleischatlas 2018, FAO

Insekten sind anspruchslos in der Haltung, liefern aber vergleichsweise viel hochwertiges Protein.

Habt ihr schon einmal gegrillte Heuschrecken oder Burger mit Mehlwurm-Mehl gegessen? Insekten zu essen, ist in vielen Ländern normal. Bei uns gelten sie noch als exotisch bis eklig, könnten aber in Zukunft häufiger auf unseren Tellern landen. Die EU-Kommission hat in der EU bislang vier Insekten als "neuartige Lebensmittel" zugelassen: Wanderheuschrecke, Mehlwurm, Buffalowurm und Hausgrille. Produkte mit Insekten müssen gekennzeichnet sein und einen Allergiehinweis tragen, denn Menschen mit Krebs-, Weichtier und Hausstaubmilben-Allergie könnten reagieren. Die Tiere stammen aus Zuchtfarmen zum Beispiel in den Niederlanden und Frankreich. Weltweit gibt es rund 2.000 essbare Insektenarten, neben den in der EU zugelassenen zählen auch Raupen, Bienen, Wespen und Ameisen dazu.

Insekten sind im Vergleich zu Rindern, Schafen oder Hühnern um ein Vielfaches anspruchsloser, was Futter, Lebensraum und Wasserverbrauch angeht. Während Rinder rund acht Kilogramm Futter benötigen, um ein Kilogramm Fleisch aufzubauen, reichen den Insekten dafür durchschnittlich zwei Kilogramm. Auch der Wasserverbrauch, der bei der traditionellen Viehzucht hoch ist, fällt bei der Insektenzucht gering aus. Und schon gewusst? Essbare Insekten liefern wertvolle Proteine in vergleichsweise hohen Mengen (s. Grafik).

Um die Klimabilanz von Fleisch zu verbessern, werden Insekten auch als Tierfutter eingesetzt. Bisher kommen vor allem Soja sowie Fischmehl zum Einsatz und werden dafür in die ganze Welt verschifft. Der Vorteil von Insekten ist, dass sie regional gezüchtet werden können und so einen bis zu 40 Prozent kleineren CO2-Fußabdruck haben.

Insekten in Lebensmitteln: Neue EU-Verordnung am 24. Januar 2023

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Europäische Kommission - Vertretung in Deutschland - Mittwoch, 18. Januar 2023, 13:02 Uhr
Ein Thread zu 🦗, aus Gründen. Ja: in der🇪🇺 sind 4 #Insekten als Lebensmittel zugelassen. Ja: die Produkte müssen entsprechend gekennzeichnet sein. Nein: niemand wird gezwungen, Insekten zu essen. Nein: die #EU mischt nicht heimlich Insektenpulver in den Kuchenteig. Die Fakten👇 https://t.co/eQMZ1jXjBu

Ein Thread zu 🦗, aus Gründen.
Ja: in der🇪🇺 sind 4 #Insekten als Lebensmittel zugelassen.
Ja: die Produkte müssen entsprechend gekennzeichnet sein.
Nein: niemand wird gezwungen, Insekten zu essen.
Nein: die #EU mischt nicht heimlich Insektenpulver in den Kuchenteig. Die Fakten👇 https://t.co/eQMZ1jXjBu | Bild: EUinDE (via Twitter)

Allergiker-Hinweis: Die Europäische Kommission informiert über Insekten

"Der Hinweis, dass allergische Reaktionen bei Menschen mit einer Allergie gegen Krebs- und Weichtiere sowie gegen Hausstaubmilben möglich sind, muss in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste aufgeführt sein."

Die Europäischen Kommission - Vertretung in Deutschland auf Twitter

Fleisch-, Milch- und Fischersatz: industriell produziert und ungesund?

Fleisch hat es nicht immer leicht heutzutage - vom einst unumstrittenen Kraftspender zu einem mittlerweile oft gemiedenen Bestandteil des Speiseplans. Umso mehr verlangen die Konsumentinnen und Konsumenten nach Ersatzprodukten - Nahrungsmittel, die wie Fleisch aussehen und schmecken, ohne aber tierische Produkte zu enthalten. Doch was taugt dieser Veggie-Boom? Paul Peraus hat die pflanzlichen Bratwürste, Schnitzel, Putenbrüste und Burgerpatties getestet. Im Bild: Burger Patties im Vergleich. | Bild: BR/D5 Produktion/ORF

Pflanzliche Burger Pattys gibt es inzwischen überall zu kaufen. Doch wie gesund sind sie?

In einigen hippen Restaurants werden Steaks aus Erbsenprotein, Seetang und Roter Beete serviert - aus dem 3D-Drucker. Pflanzliche Burger, Hackfleisch oder Wurst gibt es inzwischen in jedem Supermarkt. Auch Milch-, Quark- und Joghurtersatz boomen, insgesamt ein Markt mit zweistelligen Zuwachsraten.
Startups fermentieren Mikrolagen, um pflanzlichen Fisch herzustellen. Der riecht zwar nicht nach Fisch, schmeckt aber so. Auch pflanzliche Shrimps gibt es schon: Sie bestehen im Wesentlichen aus Braunalgen und Sojabohnen, Agavensirup, Meersalz und Paprikapulver.

Doch tut ihr euch wirklich etwas Gutes, wenn ihr pflanzliche Ersatzprodukte esst? Viele sind verarbeitete oder sogar industriell hochverarbeitete Lebensmittel, kurz UPFs oder Ultra-Processed Foods.

Lebensmittel und Verarbeitung: unterschiedlich gesund und wertvoll

Übersichtstabelle der NOVA-Klassifizierung von Lebensmitteln | Bild: BR

Nach der Nova Klassifikation, entwickelt vom brasilianischen Wissenschaftler Carlos Monteiro und seinem Team, hängen gesundheitliche Risiken der Ernährung auch davon ab, wie stark verarbeitet Lebensmittel sind. Je weniger verarbeitet, desto gesünder werden sie eingestuft und desto häufiger sollten wir sie essen. Studien der letzten Jahre zeigen: Der übermäßige Konsum von industriell hoch verarbeiteten Fertigprodukten wie zum Beispiel Fertigpizzen, Softdrinks oder Snacks kann zu Adipositas, Herz-Kreislauferkrankungen und sogar zu einer höheren Sterblichkeit führen. Gilt das auch für neue, pflanzliche Lebensmittel?

Was sagen Studien zu Fleisch-, Fisch- und Milchersatz?

Wie werden wir in Zukunft satt? | Bild: TU München

"Es gibt aktuell weder belastbare Studien, die eine gesundheitsförderliche noch eine gesundheitsschädigende Wirkung dieser Produkte zeigen."

Dr. rer. nat. Christina Holzapfel, Institut für Ernährungsmedizin der TU München

Gesunde Produkte durch innovative Techniken?

Fleisch hat es nicht immer leicht heutzutage - vom einst unumstrittenen Kraftspender zu einem mittlerweile oft gemiedenen Bestandteil des Speiseplans. Umso mehr verlangen die Konsumentinnen und Konsumenten nach Ersatzprodukten - Nahrungsmittel, die wie Fleisch aussehen und schmecken, ohne aber tierische Produkte zu enthalten. Doch was taugt dieser Veggie-Boom? Paul Peraus hat die pflanzlichen Bratwürste, Schnitzel, Putenbrüste und Burgerpatties getestet. Im Bild: Hackfleisch aus Fleischersatz. | Bild: BR/D5 Produktion/ORF

Pflanzliche Ersatzprodukte sind oft hochverarbeitete Lebensmittel. Wie oft und wie viel sollten wir davon essen?

Studien zur Ernährung laufen oft über Jahre, der Markt neuer, pflanzlicher Produkte wächst dynamisch. Vor allem darum sind wissenschaftliche Aussagen noch nicht möglich. Trotzdem spielt die Gesundheit bei Forschung und Entwicklung heute schon eine wichtige Rolle. Christian Zacherl, Geschäftsfeldmanager Lebensmittel des Fraunhofer Instituts in Freising, ist überzeugt, dass eine industrielle Verarbeitung nicht automatisch bedeutet, dass Lebensmittel ungesund sind. Das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung ist eines der führenden Forschungs- und Entwicklungszentren Europas. In 35 Jahren wurden über 100 Produkte in Zusammenarbeit mit kleinen Start-ups und großen industriellen Partnern entwickelt und auf den Markt gebracht: Burger Pattys, Milch und Eis aus Hafer und Lupinen, veganer Käse, Quark und Joghurt oder auch veganer Eiersatz.

Wie werden die Inhaltsstoffe vom Körper aufgenommen und verwertet? Bereits bei der Entwicklung werden der physiologische Nutzen wie die Proteinwertigkeit und Gesundheitswert der Produkte insgesamt untersucht. Neue Techniken werden dabei mit bewährten Methoden wie zum Beispiel der Fermentation kombiniert. Dadurch können Pflanzenproteine inzwischen so effektiv und schonend gewonnen werden, dass auf Zusatzstoffe und Aromen oft ganz verzichtet werden kann. Die höheren Entwicklungs- und Herstellungskosten führen aber auch zu höheren Preisen solcher Produkte.

Obwohl Studien noch fehlen, sieht Ernährungswissenschaftlerin Christina Holzapfel Chancen auch für pflanzliche Ersatzprodukte, vorausgesetzt ihr esst nicht zu viel davon. Oft fällt es so leichter, die Ernährung umzustellen und weniger Fleisch zu essen. Ausprobieren und informieren lohnt sich. Tests, zum Beispiel der Stiftung Warentest und der Zeitschrift Ökotest zeigen: Es gibt gute und schlechte Produkte.

Fleisch- und Wurstersatz: Darauf solltet ihr achten

Manche Ersatz- und pflanzliche Fertigprodukte sind nicht unbedingt gesünder als ihre Vorbilder. Genau vergleichen lohnt sich:

  • Der Nutri-Score gibt eine erste Orientierung, inwieweit sich ein Produkt für eine gesunde und ausgewogene Ernährung eignet. Leider ist er eine freiwillige Angabe.
  • Die Nährwerttabelle gibt an, wie viele Kalorien, Kohlenhydrate, Eiweiß, Zucker, Salz und Fette im Produkt stecken. Wie schneidet das Ersatzprodukt im Vergleich zum Vorbild oder Konkurrenzprodukten ab? Vorteilhaft: Manche Hersteller geben auch den Anteil der gesundheitlich wertvollen ungesättigten oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren an.
  • Zutatenliste: Alle Zutaten müssen angegeben werden. Besonders günstig als Basis für Fleischersatz sind Hülsenfrüchte wie Soja oder Erbsen. Sie enthalten viel Eiweiß und liefern teilweise auch Eisen, wenn auch weniger als Fleisch. Gesund sind außerdem hochwertiges Raps- oder Sonnenblumenöl. Sie enthalten wertvolle ungesättigte Fettsäuren, im Gegensatz zum Beispiel zu Kokosöl oder -fett. Sind Haferspelz-, Zitrus- oder Bambusfasern angegben, solltet ihr wissen: Das sind keine natürlichen Zutaten, sondern hochverarbeitete, sogenannte funktionale Additive. Sie erfüllen mitunter Aufgaben, die sonst Zusatzstoffe haben. Ähnlich ist das auch zum Beispiel bei der Zutat Hefe: Natürlicherweise darin enthalten ist Natriumglutamat, ein Geschmacksverstärker. Der muss so nicht extra angegeben werden.
  • Zusatzstoffe: Rund 330 sind aktuell zugelassen, sie gelten als gesundheitlich unbedenklich. Wer weniger Zusatzstoffe will, kann auf Bioprodukte zurückgreifen. Nur rund 50 dürfen bei deren Herstellung eingesetzt werden.
  • Aromen: Rund 10.000 Aromastoffe sind bekannt, rund 2.000 zugelassen. Zwischen natürlichen und künstlichen wird dabei nicht unterschieden. Werden Aromen verwendet, heißt das, das Lebensmittel schmeckt nicht unbedingt nach den Zutaten, die hauptsächlich enthalten sind. Als natürlich gelten Aromen übrigens auch, wenn sie nicht aus einem Lebensmittel direkt (zum Beispiel einer Erdbeere) gewonnen werden, sondern mithilfe von Mikroorganismen.
  • Das grüne V-Label: Bisher sind die Begriffe vegan oder vegetarisch gesetzlich nicht verbindlich geregelt. Das grüne Siegel der Europäischen Vegetarischen Union gibt aber zuverlässig Auskunft darüber, ob ein Produkt vegan oder vegetarisch ist.
  • Schadstoffe sind oft zwar keine akute Gesundheitsgefahr, haben in Lebensmitteln aber nichts verloren. Immer wieder finden Verbraucherschützer Rückstände zum Beispiel von Mineralölbestandteilen in industriell verarbeiteten Produkten. Für Verbraucher sind sie nicht zu erkennen.
  • Apps zum Scannen der Barcodes könnt ihr nutzen, wenn ihr auf Nummer sicher gehen wollt. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe verschiedener Apps. Sie vergleichen, geben Auskunft über Inhaltsstoffe, Schadstoffbelastung und den gesundheitlichen Nutzen der Produkte.   

Fleisch künstlich erzeugen: Wie sinnvoll ist das?

Die massive Produktion von Rindfleisch schadet der Umwelt. Weltweit experimentieren Wissenschaftler damit, Fleisch künstlich zu erzeugen, unter dem label "Cultured Meat" gibt es das mitunter im Supermarkt zu kaufen.  | Bild: picture alliance / Zoonar | Firn

Nicht jeder verträgt Hülsenfrüchte, die meisten ekeln sich vor Insekten, ist Fleisch aus dem Labor die Lösung?

Intensiv geforscht wird auch in Deutschland zu künstlichem Fleisch, das aus Stammzellen gewonnen wird, sogenanntes Cultured Meat. Zum ersten Mal wurde es im Dezember 2021 in einem Restaurant in Singapur serviert. Das Fleisch stammte von einem Start-Up in den USA: Chicken Nuggets aus dem Labor. Echter Fleischgeschmack auf dem Teller, dabei mehr Tierwohl und Klimaschutz, so lautet das Versprechen der Wissenschaft. Doch ganz ohne Nachteile ist auch dieser Weg nicht. So wird für die Produktion von Laborfleisch fetales Kälberserum verwendet, Serum aus dem Blutkreislauf des ungeborenen Kalbs, das ist Hauptbestandteil des Nährmediums. Um es zu bekommen, müssen Muttertier und Kalb getötet werden.

Quallen, Algen und Grundeln: Auch im Wasser finden sich Alternativen

Die wachsende Bevölkerung und der Klimwandel zwingen uns dazu, unsere Essgewohnheiten zu überdenken. So könnte die Grundel in Zukunft auch auf den Speiseplan kommen, so Experten aus Skandinavien.  | Bild: picture alliance / Andreas Gillner | Andreas Gillner

Anders als Aal, Rotauge oder Wels wird die Grundel bisher nicht in der Gastromonie genutzt. Das könnte sich in Zukunft ändern.

Neben Insekten könnten auch kleine Fische wie Sandaale, Sprotten oder die Schwarzmund-Grundel als Proteinquelle verwendet werden, so eine Studie der Universität Kopenhagen aus dem Jahr 2020. Fische, die normalerweise als Beifang im Netz landen und von den Fischern weggeworfen werden. Diese Tierarten würden viel weniger CO2 ausstoßen als Rinder, Schweine oder Hühner, so die Wissenschaftler um Ole G. Mouritsen. Auch Quallen, Oktopusse oder Algen kämen in Betracht. Aktuell würden nur 30 von rund 800 Oktopusarten gefangen. Unter den Algen sei die Vielfalt noch viel größer: Von 10.000 Algenarten würden nur 500 geerntet und als Nahrungsmittel betrachtet.

So zählt zum Beispiel Spirulina, eine Gattung der auch Blaualgen genannten Cyanobakterien, zu den ältesten Lebewesen der Welt. Es kann als Bestandteil von Nudeln verarbeitet werden oder dient in Pulverform als Protein-Zugabe zu anderen Speisen. Noch sind Algen oft eher Lifestyle-Produkte, aber sie haben Potenzial.

Um dem Menschen Gerichte aus diesen ungewöhnlichen Zutaten schmackhafter zu machen, könnten neue Technologien eingesetzt werden. Man könnte sie süßer machen oder herzhafter, sodass sie den Umami-Geschmack von gewöhnlichem Fleisch oder Fisch annehmen, erklären die skandinavischen Wissenschaftler. In der japanischen Küche wird dieser Geschmack traditionellerweise mit Miso-Paste oder fermentierten Pilzen erzeugt. "Es ist essentiell, dass wir über diese Möglichkeiten nachhaltiger Ernährung sprechen, nur so werden wir in der Lage sein, Schritt für Schritt unsere Essgewohnheiten und Traditionen zu ändern", sagt Ernährungswissenschaftler Ole G. Mouritsen.


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