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Earth Overshoot Day 2022 Seit dem 28. Juli schulden wir Menschen der Erde was!

Als "Earth Overshoot Day" wird der Tag bezeichnet, an dem die Menschheit aufgebraucht hat, was die Natur bis Ende des Jahres zur Verfügung stellt. Die schlechte Nachricht: 2022 ist der Erdüberlastungstag früher als jemals zuvor.

Stand: 29.07.2022

Der Earth Overshoot Day soll daran erinnern, dass die Überbeanspruchung der natürlichen Ressourcen der Erde durch den Menschen Folgen hat: ein massiver Rückgang der biologischen Vielfalt, ein Überschuss an Treibhausgasen in der Atmosphäre und ein verschärfter Wettbewerb um Nahrungsmittel und Energie. Der diesjährige Erdüberlastungstag ist nach Berechnungen des Global Footprint Network am 28. Juli. Schon von da an verbrauchen wir Menschen mehr natürliche Ressourcen, als bis Ende des Jahres wieder nachwachsen können. Neben dem internationalen Stichtag gibt es für viele Länder nationale Country Overshoot Days. 2022 rutscht auch Deutschland einen Tag früher als 2021 in die roten Zahlen auf unserem imaginären Umweltkonto: auf den 4. Mai 2022.

Pandemie offenbart: Verbrauch von Ressourcen nicht nachhaltig

Erdkugel im Wasser; nicht nur beim Duschen verbrauchen wir Wasser, auch beim Konsum lohnt der Blick aufs virtuelle Wasserkonto. | Bild: picture alliance | Christian Ohde zum Modulartikel Wasser-Fussabdruck So spart ihr virtuelles Wasser

Täglich verbrauchen wir viel Wasser, ohne es zu merken. Nicht beim Waschen und Baden, sondern als virtuelles Wasser in Waren, die wir konsumieren. Dadurch wächst unser Wasser-Fußabdruck. Darauf solltet ihr achten. [mehr]

Für das Jahr 2020 war die Corona-Pandemie zumindest weltweit ein entscheidender Faktor in Sachen Welterschöpfung. Es wurde weniger Holz verbraucht und es wurden weniger CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen produziert. Und so fiel die Bilanz besser aus als im Vorjahr. Der globale Earth Overshoot Day verschob sich um einen Monat nach hinten. Für einzelne Länder wurden 2020 keine Zahlen veröffentlicht.

Das ist wichtig, denn in Bezug auf unser Verhalten können wir aus der Corona-Krise etwas lernen. So schrieb das Global Footprint Network in einer Pressemeldung zum Earth Overshoot Day 2020:

"Im Jahr 2020 bietet der Earth Overshoot Day eine noch nie dagewesene Gelegenheit, über die Zukunft nachzudenken, die wir schaffen wollen. Unsere Bemühungen mit COVID-19 haben gezeigt, dass es möglich ist, den Verbrauchstrend der ökologischen Ressourcen innerhalb kurzer Zeit zu verschieben. Aus dieser Gesundheitskrise und den Diskussionen um einen Wirtschaftsstimulus lernen wir auch neue Strategien für Ressourcensicherheit und menschlichen Wohlstand."

Global Footprint Network

Club of Rome: Organisation passt "planetaren Notfallplan" an

Auch der Club of Rome, eine für Nachhaltigkeit stehende gemeinnützige Organistation, hat auf die Corona-Krise reagiert. Das Netzwerk aus Wissenschaftlern, Ökonomen, Unternehmern und Diplomaten aus aller Welt hat seinen "planetaren Notfallplan" um den Punkt Gesundheitspandemien erweitert. Wiederaufbauprogramme im Rahmen der Pandemie müssten zwingend die allgemeine planetare Krise als Grundlage politischer Entscheidungen einbeziehen, so der Sprecher des Club of Rome, Till Kellerhoff. Die Programme sollten keinen Wiederaufbau unter der Devise "Alles so wie früher" bedeuten, sondern müssten Möglichkeiten auch für ökologisch sinnvolle Veränderungen enthalten.

Earth Overshoot Day: ein Rechenspiel mit ernstem Hintergrund

Der "Earth Overshoot Day" oder "Ecological Debt Day", manchmal auch als "Welterschöpfungstag" oder "Erdüberlastungstag" bezeichnet, ist ein rein symbolischer Tag. Wenn ihr tags darauf in den Wald gehen, stehen da natürlich immer noch Bäume. Und wenn ihr den Wasserhahn öffnen, fließt immer noch Wasser. Aber jeder Tropfen kostet die Erde ab dem Earth Overshoot Day mehr, als sie sich leisten kann.

Der Earth Overshoot Day ist statistisches Rechenspiel mit bitterbösem Ergebnis, mit dem The Global Footprint Network zeigen will, wie groß unser Raubbau an der Natur ist. Dazu wird die Biokapazität unseres Planeten - die Fähigkeit der Natur, Rohstoffe jeder Art zu produzieren oder wieder herzustellen - mit dem ökologischen Fußabdruck der Menschheit verrechnet: Seit den frühen 1970er-Jahren ist unser jährlicher Verbrauch an natürlichen Ressourcen größer als die Regenerationsfähigkeit der Natur.

Ökologischer Fußabdruck: Wir laugen die Natur aus

Der Aralsee: dem Durst der Menschen geopfert

Ein Beispiel: Dem Aralsee, ein einst riesiger See in Zentralasien, wurde für Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft so viel Wasser abgezapft, dass er inzwischen weitgehend ausgetrocknet ist. Ganze Landstriche versalzen und veröden so für immer. Eine "Bad Bank" in der Natur. Dabei bezieht sich der ökologische Fußabdruck nicht allein auf unseren Verbrauch von Wasser, Holz oder anderen Rohstoffen. Mit eingerechnet werden beispielsweise auch Müll und Abgase. Etwa, wie viel Waldfläche es weltweit benötigt, um das von uns in einem Jahr produzierte CO2 abzubauen. Dabei macht CO2 beim ökologischen Fußabdruck den größten Schuldenposten aus.

Gerechnet wird in einer eigenen Einheit: dem globalen Hektar gha. Er gibt die Fläche an, die nötig wäre, um den jeweiligen Verbrauch zu "finanzieren". Derzeit bräuchten wir pro Person 2,77 gha (Stand: 2018). Um unseren jährlichen Ressourcenbedarf zu decken, bräuchten wir umgerechnet also mehr als 1,7 Erden. Eingerechnet in dieses Flächenmaß ist die unterschiedliche Fruchtbarkeit der Böden. Denn ein Hektar Wüstensand entspricht nicht einem Hektar Amazonasdschungel.

Earth Overshoot Day: immer früher, immer teurer

1987 haben wir unser Ökokonto nur leicht überzogen: Damals war der Earth Overshoot Day "erst" am 19. Dezember. Seither rutscht er im Kalender immer weiter nach vorne.

JahrEarth Overshoot Day
200001. November
200520. Oktober
201021. August
201127. August
201222. August
201320. August
201419. August
201513. August
201608. August
201702. August
201801. August
201929. Juli
202022. August (Corona-Krise!)
202129. Juli
202228. Juli

Dass wir von 2010 auf 2011 scheinbar ein wenig sparen gelernt haben, ist leider auch nur Statistik:

"Der Grund dafür ist leider nicht, dass wir weniger verbrauchen. Höchstens ein bisschen, wegen der Wirtschaftskrise. Nein, der eigentliche Grund ist, dass wir unsere Berechnungsmethode verändert haben."

Nicole Freeling, Pressesprecherin von Global Footprint Network

Earth Overshoot Day: Wann uns eine Erde nicht mehr reicht

Je früher der Tag erreicht ist, an dem die Erde von uns erschöpft ist, umso größer natürlich die Schuldenlast, die wir anhäufen: Im Jahr 2008 verbrauchte die Menschheit schon vierzig Prozent mehr, als die Natur sich leisten konnte. Unsere heutige Bilanz bräuchte mehr als anderthalb Erden, um ausgeglichen zu bleiben. Wenn wir so weitermachen, müssen wir schleunigst andere bewohnbare Planeten finden.

"Weitermachen wie bisher würde heißen, dass wir im Jahre 2030 schon zwei Erden bräuchten und vielleicht 2050 dann drei Erden."

Jürgen Knirsch, Experte für nachhaltigen Konsum bei Greenpeace

Industrienationen verbrauchen deutlich mehr Ressourcen

In Industrienationen ist der ökologische Fußabdruck deutlich höher als in ärmeren Ländern. Bei den G20, der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, liegt Deutschland im oberen Mittelfeld. Nur Kanada, die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA, Australien, Korea und Russland sind auf ihrem imaginären Umweltkonto schon früher im Jahr im Minus. Frankreich oder Großbritannien zum Beispiel können eine bessere Bilanz als Deutschland vorweisen.

Was tun gegen die schlechte Ökobilanz?

Die fünf "F"s

Das können Sie tun, um Ihren eigenen ökologischen Fußabdruck ein wenig zu verkleinern:

  • Fleisch weglassen
  • Fassade dämmen
  • Fliegen vermeiden
  • Fahren mit dem Auto reduzieren
  • Forderungen stellen

Fleisch

Der größte Brocken in der schlechten Umweltbilanz des Menschen ist der Tierhaltung geschuldet. Denn die Tierhaltung und der Transport des Fleischs tragen zum Klimawandel bei. Je weniger Fleisch und andere tierische Produkte verzehrt werden, umso besser für die Natur.

Fassade

Kaum eine Aktivität des Menschen ist so klimaschädlich wie Gebäude zu errichten und zu nutzen. Ein bescheidenerer Wohnstil rechnet sich deshalb bei der Ökobilanz. Und das ist nicht nur Sache großer Bauunternehmer. Jeder und jede einzelne kann auf gute Isolierung und sinnvolles Lüften achten und die individuellen Heiz- und Energiekosten im Auge behalten.

Fliegen

Mit jeder Fernreise per Flugzeug hinterlassen Sie einen gewaltigen Fußabdruck. Der ist zwar nicht unbedingt größer, als wenn Sie alleine mit dem Auto verreisen. Aber ein Urlaub mit der Bahn oder in näher gelegene Ferienorte könnte eine Alternative sein.

Fahren

Bilden Sie Fahrgemeinschaften, nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel oder Elekto-Mobilität mit Energie aus regenerativen Quellen. Oder radeln Sie mehr. Denn pro mit dem Verbrenner-Automobil gefahrenem Kilometer werden etwa 160 Gramm CO2 in die Luft gepustet.

Forderungen

Dieses "F" hat die Umweltorganisation Greenpeace der Liste hinzugefügt: Stellen Sie Forderungen an den Staat! Denn der ist nicht nur Vorbild auch in Sachen Ökologie, er hat auch die Pflicht und Möglichkeit, den Rahmen zur Verfügung zu stellen, in dem nachhaltiger Konsum für Sie möglich wird.


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