Unser großer Wasser-Fußabdruck Virtuelles Wasser fließt in Warenströmen
Das Wasser aus dem Hahn ist in unserem Verbrauch buchstäblich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das meiste Wasser verbrauchen wir, ohne je sein Rauschen zu hören: als virtuelles Wasser in Waren, die wir importieren.

Ressourcenverbrauch: So importiert Deutschland große Mengen Wasser

Das meiste Wasser, das wir verbrauchen, wird importiert. Das ist das sogenannte virtuelle Wasser, das in jedem Produkt oder Lebensmittel steckt. Diese Güter kommen oft aus Ländern, in denen Wasser längst sehr kostbar ist. Deutschland führt das meiste Wasser über Agrargüter aus Brasilien, der Elfenbeinküste und Frankreich ein. Zumindest Brasilien und der afrikanische Kontinent allgemein haben Probleme mit der Wasserversorgung. So exportieren wir Umweltprobleme in die Ursprungsländer der wasserintensiven Produkte.
Virtuelles Wasser und Wasser-Fussabdruck: Was ist das?

Unter virtuellem Wasser versteht man das bei der Herstellung und dem Transport von Industriegütern und Lebensmitteln verbrauchte, verdunstete oder verschmutzte Wasser. Den Begriff prägte der britische Wissenschaftler John Anthony Allan vom Londoner King’s College in den 1990er-Jahren. Seitdem nahm die Forschung zum Thema besonders in von Wasserknappheit bedrohten Industrieländern wie China, den USA, aber auch den Niederlanden zu.
Zu Beginn dieses Jahrhunderts entwickelte der Wissenschaftler Arjen Hoekstra, Professor für Wasser-Management an der niederländischen Universität in Twente, diese Studien für das Institute for Water Education der UNESCO (heute: IHE Delft Institute for Water Education) weiter: Aus der Menge an virtuellem Wasser, die in ein Produkt fließt, wurde der Wasser-Fußabdruck (Water-Footprint) des jeweiligen Konsumenten oder auch konsumierenden Staates, der das betreffende Produkt nutzt.
Kritik: Zahlen ohne Kontext

Kritiker prangern immer wieder den undifferenzierten Gebrauch des Indikators "Wasser-Fußabdruck" an: So bringe es wenig zu betonen, dass in einer Tasse Kaffee 140 Liter Wasser stecken, wenn dabei nicht klar werde, wie stark die Herstellung des Produktes die lokale Wasserlage belastet.
Kaffeekonsum zum Beispiel lässt nicht automatisch das Wasser in der Anbauregion knapp werden. Hier kommt es unter anderem darauf an, ob die Bohne aus den regenreichen Bergregionen Brasiliens oder aus dem regenarmen Tiefland stammt. Denn solche Trockenregionen benötigen intensive Bewässerung. Handelt es sich dabei um Bio-Kaffee, wird das beim Anbau benötigte Wasser wenigstens nicht mit Pestiziden verschmutzt. Beides kann dann zu einer positiveren Bilanz der morgendlichen Tasse Kaffee beitragen.
Gesagt: Kaffee wird oft in wasserknappen Regionen angebaut
"Es ist einem Verbraucher schwer zu vermitteln, dass er oder sie keinen Kaffee mehr trinken soll, da der Wasserfußabdruck hoch ist. Der Wasserfußabdruck von 140 Litern Wasser sagt zunächst nicht so viel aus. Woher stammen die Kaffeebohnen? Wurden die Pflanzen bewässert? Wie groß sind die verfügbaren Wasserressourcen? Wir können anhand des Wertes von 140 Litern keine Aussage treffen, wie groß die Belastung auf die Wasserressourcen in einer Anbauregion sind. Aber ja, Kaffee wird oft in wasserknappen Regionen angebaut und bewässert, auch der Pestizideinsatz ist hoch."
Prof. Dr. Martina Flörke, Bauingenieurin, Lehrstuhl für Ingenieurhydrologie und Wasserwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum
Anschauen: Wasser - Die wertvolle Ressource
Unser Fussabdruck: So viel Wasser verbrauchen wir täglich

Trotz aller Kritik schafft der Wasser-Fußabdruck eine Bezugsgröße für weltweit vernetzten Wasserverbrauch. Was unseren Konsum an virtuellem Wasser angeht, leben wir Deutschen auf ziemlich großem Fuß: Zu der einen Badewanne voll Wasser, die jeder von uns täglich direkt aus der Wasserleitung holt, kommen Tag für Tag noch einmal 25 volle Badewannen hinzu, versteckt in Produkten. Das macht insgesamt circa 3.900 Liter virtuelles Wasser.
Mit durchschnittlich 3.800 Litern pro Kopf und Tag geht der Rest der Welt etwas sparsamer mit Wasser um als wir. Spitzenreiter im Pro-Kopf-Wasserverbrauch sind die US-Amerikaner mit ganzen 7.800 Litern am Tag. Die Briten hingegen kommen schon mit 3.400 Litern aus. Neue Berechnungen mit einer anderen Methodik kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass deutsche Bürgerinnen und Bürger durchschnittlich sogar bis zu 7.200 Liter am Tag benötigen, sagt Dr. Jörg Rechenberg, Leiter des Grundwasser-Fachgebiets beim Umweltbundesamt.
- Tipps zum Sparen von virtuellem Wasser finden Sie hier.
Gesagt: Die Faustregel fürs Wassersparen
"Bisher sagen wir als Richtschnur, wenn man einkauft: Saisonal, regional und möglichst ökologisch produziert, dann ist man wassermäßig von der Menge her auf der sicheren Seite – das ist die Faustregel. Also dann Erdbeeren im Sommer, wenn Saison ist, aber dann von hier, dann spart man sich auch den weiten Transport."
Dr. Jörg Rechenberg, Leiter des Grundwasser-Fachgebiets beim Umweltbundesamt