ARD alpha Uni Perimortale Wissenschaften studieren

Von: Christian Wurzer

Stand: 05.04.2022

Sterben und Tod - in Mexiko hat Lena erlebt, dass die Toten in der freudigen Erinnerung ihrer Angehörigen und Freunde weiterleben. Eine Erfahrung, die sie dazu brachte, Sterbebegleiterin zu werden. Sie studiert „Perimortale Wissenschaften“ im Master an der Uni Regensburg.

Lena studiert Perimortale Wissenschaften an der Universität Regensburg | Bild: Collage: Porträt von Lena (BR) kombiniert mit picture-alliance/dpa

Zulassung: formal ein mit "gut" abgeschlossenes Bachelorstudium

Perimortal bedeutet: die Zeit um den Tod herum.

Formal musst du für den Masterstudiengang „Perimortale Wissenschaften“ nur ein mit „gut“ abgeschlossenes Bachelorstudium nachweisen. Aber natürlich brauchst du einen inneren Antrieb, dich mit den Themen um Sterben, Tod und Trauer auseinanderzusetzen. Du kannst dich auch, wie Lena in unserem Film, nach Jahren der beruflichen Praxis für den Masterstudiengang entscheiden.

Der Studiengang ist grundsätzlich für Bachelorabsolventen aller Fachrichtungen offen. Er bietet sich besonders für Absolventen der Rechtswissenschaften und Medizin, der Sozialen Arbeit, Pädagogik, Soziologie, Religionswissenschaften/Theologie oder der anderen Kulturwissenschaften an, die sich auf perimortale Themen spezialisieren wollen.  

Der Studiengang "Perimortale Wissenschaften" wird, Stand April 2022, nur an der Universität Regensburg angeboten. Das Studium beginnt immer im Wintersemester. Die Universität empfiehlt ein Beratungsgespräch vor Beginn des Studiums, das aber nicht verpflichtend ist.

Wichtig zu wissen:

Auch wenn der Studiengang am Institut für Katholische Moraltheologie angesiedelt ist, ist er nicht katholisch theologisch, sondern interdisziplinär ausgerichtet. Dozenten und Dozentinnen aus allen Fachrichtungen, in denen Tod und Sterben ein besonderes Themenfeld einnehmen, prägen die Lehr- und Lerninhalte.

Den Toten nahe sein: Lena macht ein Praktikum beim Bestatter.

Studiendauer: Perimortale Wissenschaften ist als Masterstudiengang angelegt.

Der Masterstudiengang "Perimortale Wissenschaften" umfasst in Vollzeit vier, in Teilzeit acht Semester und kann so auch berufsbegleitend absolviert werden.

Der Studiengang ist modular aufgebaut. Am Ende jedes Moduls steht eine Prüfung, in der Leistungspunkte erzielt werden.

Das Studium wir ergänzt durch Praktika in verschiedenen perimortalen Arbeitsbereichen wie Sterbebegleitung, Totenversorgung, ritueller Trauerarbeit sowie der Trauerarbeit mit Angehörigen.

Ein Auslandssemester wird empfohlen.

Bei Bestehen der Modulprüfungen und Annahme der Masterarbeit verleiht die Universität Regensburg den akademischen Titel "Master of Arts" (M.A.).

Studieninhalte: von Medizin über Palliativpflege bis zur Trauerbegleitung

Die Anlage des Studiengangs "Perimortale Wissenschaften" an der Universität Regensburg umfasst ein interdisziplinäres Themen- und Fächerangebot in allen Bereichen, in denen Tod und Sterben eine Rolle spielen:

  • Medizin und Ethik
  • Palliativmedizin
  • Palliativpflege
  • Tod und Sterben in Theologie und Philosophie
  • Weltanschauliche, kulturelle und rituelle Aspekte von Tod und Sterben
  • Tod und Sterben in Literatur und religiösen Texten
  • Pädagogik und Öffentlichkeitsarbeit
  • Erbrecht
  • Rechtliche Aspekte wie Patientenautonomie, Organspende etc.
  • Ethik am Lebensende
  • Trauerarbeit
  • Tod und Bestattung in den Kulturen
  • Sterben und Tod in wissenschaftlicher Forschung
  • Ästhetik und Soziologie der Trauer
  • Trainings für Trauergespräche, Traueransprachen und Rituale
  • Gesprächsführung
  • Politische Aspekte u.a.m.


Dazu kommen Praxisprojekte wie die Begleitung von Sterbenden und deren Angehörigen, Versorgung von Toten, Gestaltung von Abschiedsritualen, Orten der Trauer und anderem mehr.

Skills: von innerlicher Festigkeit bis zur Kommunikationsfähigkeit

  • Interesse für Themen rund um Tod und Sterben
  • Innerliche Festigkeit
  • Selbstreflexionsvermögen
  • Offenheit für Kulturen
  • Sensibilität und Empathie
  • Interesse und Verständnis für Menschen am Ende des Lebens
  • Emotionale Intelligenz
  • Kommunikationsfähigkeit

Berufe für Perimortalwissenschaftler:innen

Wer perimortale Wissenschaften studiert hat, kann Sterbenden und ihren Angehörigen helfen, das Lebensende "lebenswert" zu gestalten. Die Absolventen und Absolventinnen dieses besonderen Fachs kennen die Bedeutung, die Sterben und Tod in verschiedenen Kulturen und Religionen einnehmen und sie kennen die naturwissenschaftlichen und medizinischen Aspekte.

Sie können Sterbende und ihre Angehörigen in ethischen, rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Fragen begleiten und beraten.

Sie kennen die Grundzüge der perimortalen Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpädagogik und wissen, wie sie Themen rund um Sterben und Tod für die jeweiligen Altersgruppen in den jeweiligen Lebenssituationen kommunikativ aufbereiten können.

Perimortalwissenschaftler:innen arbeiten in vielen Bereichen und sind spezialisiert für:

  • Hospize
  • Palliativstationen
  • Selbsthilfeangebote
  • Sterbe- und Trauerbegleitung
  • Bestattungsinstitute
  • als Trauerredner:in
  • Wissenschaft und Forschung
  • Öffentlicher Dienst

Verdienst: Es gibt derzeit keine Gehaltstabelle für Perimortalwissenschaftler:innen.

Was du verdienst, wird davon abhängig sein, bei welcher Institution oder Organisation und in welcher Position du arbeitest.

Zur Orientierung: Im öffentlichen Dienst werden Absolventen und Absolventinnen mit Masterabschluss für den Höheren Dienst eingestellt und nach den Besoldungsgruppen A13 bis A16 entlohnt.

Für dein Grundgehalt, ohne Zulagen, bedeutet das einen Bruttoverdienst zwischen 4460 Euro pro Monat in der Besoldungsgruppe A13 (Stufe 1) und rund 7.840 Euro brutto in der Besoldungsgruppe A16 (Stufe 8). Innerhalb jeder Besoldungsgruppe gibt es jeweils acht Stufen. Wachsende Berufserfahrung, Alter und Position lassen dich in der Gehaltstabelle des öffentlichen Dienstes aufsteigen.

Quelle: Deutscher Beamtenbund

Karriere: Hier geht's um deine persönliche Entfaltung und Lebensgestaltung.

Wie in vielen sozialen Berufen ist die sogenannte "Karriereleiter" nach oben relativ kurz. Aber: Du setzt dich im Berufsfeld um Sterben und Tod mit einer der komplexesten Lebensphasen des Menschen auseinander und arbeitest direkt mit Menschen, die selbst oder als Angehörige von der Sterbesituation betroffen sind.

Es wird in deiner beruflichen Laufbahn darum gehen, dich immer mehr und besser auf diese Menschen in dieser schweren Lebenssituation einzustellen, ohne selbst den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Perimortale Wissenschaften studieren heißt: eine Beziehung zu Tod und Leben zu entwickeln

Lena studiert Perimortale Wissenschaften an der Universität Regensburg | Bild: Collage: Porträt von Lena (BR) kombiniert mit picture-alliance/dpa

"Es gibt Freunde, die sagen, warum tust du dir das an, du bist doch noch so jung? Für mich hat das alles eine große Sinnhaftigkeit und der Tod, ist ja nicht nur der Tod eines Menschen, sondern alles, was endlich ist: z.B. der Firmenchef, der in Rente geht etc. … Ich möchte nach dem Studium Kinder und Jugendliche in ihrer Trauer begleiten. Aber kann ich das überhaupt? Ich möchte mich selbst in der Praxis beobachten, ob ich das packe, Kindern zu helfen, die schwere Schicksalsschläge erlitten haben, ohne dabei selbst im Leben eine große Schwere zu bekommen. Kann ich mich genug abgrenzen in so einem Arbeitsumfeld?"

Lena, Studentin 3. Semester, Perimortale Wissenschaften an der Universität Regensburg