Axolotl: Leben im ewigen Larvenstadium Die besonderen Fähigkeiten des mexikanischen Schwanzlurchs
Der Axolotl sieht nicht nur putzig und ungewohnt aus; der mexikanische Schwanzlurch hat auch ganz beneidenswerte Fähigkeiten: Innerhalb weniger Wochen kann er Gliedmaßen und sogar Teile des Rückenmarks nachbilden.
Der Axolotl - ein mexikanischer Schwanzlurch, der die meiste Zeit seines Lebens im Wasser lebt. Er ist schon ein eigenartiges Wesen, das optisch nicht sofort einzuordnen ist. Irgendwo zwischen Molch, Salamander und Kaulquappe. Das liegt daran, dass er sein ganzes Leben lang im Larvenstadium bleibt, trotzdem aber geschlechtsreif wird. Das nennt sich Neotenie.
Axolotl: Wassermonster mit Kiemen
Der Name "Axolotl" kommt von den Azteken und bedeutet übersetzt so viel wie "Wassermonster". Wobei das bis zu 25 Zentimeter lange Tier eher einen friedlichen Eindruck macht. Links und rechts am Hals befinden sich die Kiemenanhänge, die bei manchen Arten farblich hervorgehoben sind und wie kleine Bäume aussehen.
Bedrohter Kannibale
Der Axolotl wird bis zu 25 Zentimeter groß und bis zu 25 Jahre alt. Der Lurch existiert bereits seit rund 350 Millionen Jahren, allerdings nur noch in geringer Zahl: Mittlerweile leben in Labors weit mehr Exemplare als in freier Natur. Es gilt als wahrscheinlich, dass seine Neigung zum Kannibalismus ein wesentlicher Grund für die extreme Regenerationsfähigkeit ist. Angesichts dieses Fressverhaltens ist das Nachwachsen von Gliedmaßen und Nerven ein Selektionsvorteil. Den ersten Axolotl brachte Alexander von Humboldt 1804 mit nach Europa - als exotische Kuriosität.
Beine und Rückenmark des Axolotl können nachwachsen
Und noch etwas macht das Tier besonders: Wenn es ein Bein verliert, wächst es innerhalb weniger Wochen einfach wieder nach. Auch Teile des Rückenmarks und verletztes Netzhautgewebe kann es komplett neu bilden. Warum der Axolotl ganze Gliedmaßen komplett mit Knochen, Muskeln und Nerven nachwachsen lassen kann, weiß niemand. Doch Wissenschaftler sind dem schon seit einiger Zeit auf der Spur und haben bereits die gesamte Erbinformation des Axolotl entziffert.
Zehn Mal mehr DNA als der Mensch
Die komplette Erbinformation des Axolotl besteht aus 32 Milliarden Basenpaaren und ist damit mehr als zehnmal so groß wie das menschliche Genom. Das Erbgut des Lurchs ist somit auch das größte Genom, das bisher entziffert wurde. Eine Gruppe um die Forscherin Elly Tanaka aus Wien, Heidelberg und Dresden fand dabei mehrere Gene, die nur beim Axolotl (Ambystoma mexicanum) und anderen Amphibienarten vorkommen. Diese Gene sind in Gewebe aktiv, das sich regeneriert.
"Wir haben jetzt die genetische Karte in der Hand, mit der wir untersuchen können, wie komplizierte Strukturen - zum Beispiel Beine - nachwachsen können."
Sergej Nowoshilow, Co-Autor der Studie, erschienen im Januar 2018 in der Zeitschrift 'Nature'
Komplettes Axolotl-Genom entziffert
Der Axolotl ist wegen seiner Eigenschaften schon seit rund 150 Jahren Gegenstand der Forschung. Eine der größten Axolotl-Kolonien wird im Labor der Molekularen Pathologie in Wien betreut. Mehr als 200 Forscherinnen und Forscher betreiben an diesem Institut biomedizinische Grundlagenforschung.
Axolotl-Gene spielen Schlüsselrolle
Mithilfe der PacBio-Technologie zur Bestimmung längerer Stücke des Genoms konnte das Axolotl-Genom komplett entziffert werden. Dabei ist aufgefallen, dass ein wichtiges und weit verbreitetes Entwicklungsgen - "PAX3" - beim Axolotl vollständig fehlt. Dessen Funktion übernimmt ein verwandtes Gen namens "PAX7". Beide Gene spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Muskeln und Nerven. Langfristig soll so eine Anwendung für den Menschen entwickelt werden.
Kaum noch Axolotl in freier Wildbahn
Wie viele Axolotl es noch in freier Wildbahn gibt, ist schwer zu schätzen - manche Forscher gehen von etwa 2.300 Tieren aus, es könnten aber auch weit weniger sein. Schätzungen von 2009 bezifferten die Exemplare schon auf nur zwischen 700 und 1.200. Das liegt hauptsächlich an der starken Verschmutzung des Lebensraums der Tiere in Mexiko, denn sie leben gerne in Kanalsystemen, in die unsere Abfälle gespült werden. Aber auch an eingewanderten Fischarten, die für die bessere Versorgung der Bevölkerung mit Protein eingeführt wurden. Während die angesiedelten Karpfen besonders gerne die Eier verputzen, machen sich die Buntbarsche über die Jungtiere des Axolotl her.
Gen-Diversität der Axolotl sinkt im Labor
Die letzten Exemplare leben im See Xochimilco sowie einigen weiteren kleinen Seen westlich von Mexiko-Stadt. Damit gilt der Axolotl seit 2006 als vom Aussterben bedroht. In Aquarien, Laboren und Zuchtstationen leben mittlerweile viel, viel mehr Exemplare als in freier Wildbahn. Manche werden sogar schon für Restaurants in Japan gezüchtet. Andere dienen weiter der Forschung. Dabei schrumpft der Genpool mit der Zeit, denn die Züchtungen werden oft nur mit sich selbst kombiniert. Ob die Zucht-Axolotl also noch genau die gleichen Eigenschaften aufweisen wie seine Verwandten in der Natur, weiß man nicht.
Haltung eines Axolotl im Aquarium
In Mexiko, seiner Heimat, ist der Axolotl besonders als Haustier beliebt, wird schon fast verehrt. Wer sich die kleinen Lurche in die heimischen vier Wände holen möchte, kann das relativ einfach umsetzen, denn sie sind sehr robust und widerstandsfähig. Außerdem brauchen sie im Gegensatz zu anderen Salamandern nur ein Aquarium und keinen "Land-Anteil". Sie stammen alle aus Nachzuchten, das Entnehmen aus freier Wildbahn ist streng verboten. Sie mögen eine Wassertemperatur von 15 bis 21 Grad Celsius, manchmal auch kälter. Dann können sie sich besser von Krankheiten erholen. Wenn man sie mit anderen Axolotl zusammenhalten will, dann am besten mit gleichgroßen Artgenossen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Lebendfutter wie Kleinfischen, Schnecken oder kleinen Krebsen.