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Antibiotika – keine Allheilmittel Wann wirkt ein Antibiotikum, wann nicht?

Antibiotika werden gerne und oft verschrieben. Doch es sind keine Allheilmittel, wie oft angenommen. Bei welchen Erkrankungen ist ihr Einsatz sinnvoll, bei welchen nicht?

Stand: 21.04.2021

Antibiotika und resistente Keime gehören irgedwie zusammen.  Deshalb ist die Frage:: "Antibiotikum – wann ist es sinnvoll und wie wirkt es?" nicht unwichtig. Vielen Patienten ist das nicht klar. Im Bild: Mutter verabreicht auf ihrem Schoß sitzenden Kind Medizin. | Bild: colourbox.com

Antibiotika unterstützen das Abwehrsystem des Körpers dabei, krankmachende Bakterien – und eben nicht Viren - zu bekämpfen.

Bakterien und Viren – die Unterschiede:

Größe: Bakterien sind viel größer als Viren.
Aufbau: Bakterien bestehen aus Zytoplasma, Ribosomen, einem Erbgut-Faden und einer Zellwand. Viren bestehen dagegen nur aus ihrem Erbgut, das im sogenannten Capsid, einer Hülle aus Proteinen, eingeschlossen ist. Bakterien gehören zu den Lebewesen, weil sie einen Stoffwechsel haben. Viren haben keinen Stoffwechsel, sind deshalb auch keine Lebewesen.
Vermehrung: Bakterien vermehren sich in der Regel durch Zellteilung. Viren können sich nicht eigenständig vermehren, sie brauchen einen Wirt, also eine fremde Zelle. Dort wird die Erbinformation des Virus eingeschleust. Die fremde Zelle wird so programmiert, dass sie viele neue Viren produziert.
Wie sie krank machen: Bakterien machen durch ihre Stoffwechselprodukte krank – sie sind zum Teil für den Menschen giftig. Viren können beim Vermehrungsprozess menschliche Zellen zerstören oder die vom Virus befallene Zelle kann auch vom Abwehrsystem unseres Körpers hinauskatapultiert werden.
Behandlung: Antibiotika helfen nur gegen Bakterien. Virostatika helfen gegen Viren. Impfstoffe gibt es gegen Bakterien und Viren. So kann man sich zum Beispiel gegen Hepatitis-Viren impfen lassen oder gegen Meningokokken – Bakterien, die eine Hirnhautentzündung auslösen.

Antibiotika wirken also nur bei bakteriell bedingten Erkrankungen, also zum Beispiel bei Mandelentzündung und Lungenentzündung, sofern diese bakteriell bedingt sind, bei Blasenentzündung, eitriger Hautentzündung, Borreliose, Hirnhautentzündung, Scharlach und Tripper.

Die heute wichtigsten Antibiotikaklassen:

  • Acylureido-Penicilline
  • Cephalosporine - 3. und 4. Generation
  • Fluorchinolone
  • Carbapeneme

Antibiotika sind dagegen bei den meisten Erkältungskrankheiten (Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, Fieber) sowie Grippe (Influenza) nicht sinnvoll, weil sie durch Viren ausgelöst werden. Ebenso wenig helfen Antibiotika daher bei einer Coronavirus-Infektion. Bei den meisten Darmentzündungen und bei Masern sollte auch kein Antibiotikum eingenommen werden.

Wie Antibiotika Bakterien zerstören


Antibiotika wirken unterschiedlich: Es gibt Antibiotika, die das Wachstum von Bakterien hemmen – sogenannte bakteriostatische Antibiotika. Und es gibt Antibiotika, die die Bakterien ganz abtöten – sogenannte bakterizide Antibiotika. Doch das ist nicht der einzige Unterschied. Es gibt auch verschiedene Antibiotikaklassen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen.

So zerstören zum Beispiel Penicilline die Bakterienzellwand, sodass sich die Bakterien auflösen. Andere Antibiotikatypen greifen in den Stoffwechsel der Bakterien ein, wodurch sich die Bakterien nicht mehr vermehren können.

Warnung vor Fluorchinolon-Antibiotika

Aber nicht alle Antibiotikatypen sind für den Menschen unbedenklich. In der Kritik stehen sogenannte Fluorchinolon-Antibiotika. Sie können zahlreiche schwerwiegende Nebenwirkungen haben, die erhebliche Gesundheitsschäden verursachen können. Laut Stefan Pieper, Allgemeinmediziner aus Konstanz und Experte für Schäden durch Fluorchinolone, können folgende Störungen durch die Einnahme von Fluorchinolon-Antibiotika auftreten:

  • Fluorchinolone greifen das Kollagen im Körper an. Dies kann zu Sehnenrissen, Netzhautablösungen und Arterienrissen führen.
  • Fluorchinolone haben eine neurotoxische Wirkung: Das kann langfristige, teils schwer zu behandelnde Nervenschäden auslösen.
  • Rezeptoren der Neurobotenstoffe werden durch Fluorchinolone blockiert. Dieser Defekt kann bei Patienten Unruhe, Angst, Panik oder suizidale Tendenzen auslösen.
  • Außerdem ist ein Chronisches Erschöpfungssyndrom durch Fluorchinolone möglich.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichte im April 2019 deshalb sogar einen sogenannten "Rote Hand Brief", in dem es Ärzten riet, Fluorchinolone nur noch im Einzelfall zu verschreiben. Nach Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK (WIdO) erhielten 2018 trotz der Gesundheitsgefahren noch mehr als drei Millionen aller gesetzlich krankenversicherten Patienten in Deutschland Fluorchinolon-Präparate. 40 000 der betroffenen Patienten könnten dem WIdO zufolge von Sehnenrissen, Schädigungen des Nervensystems sowie der Hauptschlagader betroffen sein.

Hier wirken Antibiotika:


  • an der Bakterienzellwand: Penicilline, Cephalosporine. Bacitracin, Vancomycin, Fosfomycin, Carbapeneme
  • beim Folsäure-Stoffwechsel: Trimethoprim, Sulfonamide
  • an der Zellmembran: Polymyxine
  • bei der Proteinbiosynthese: Tetrazykline, Aminoglykoside (Streptomycin, Gentamicin, Amikacin), Erythromycin, Chloramphenicol, Clindamycin
  • bei der DNA-Replikation: Nitroimidazol, Quinolone
  • bei der DNA-abhängigen RNA-Polymerase: Rifampicin

Sendungen mit Infos rund um Antibiotika:


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