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Corona-Spätfolgen Post-Covid - Wenn die Nieren versagen

Das Coronavirus geht buchstäblich an die Nieren. Bei schweren Verläufen kann es zu akutem Nierenversagen kommen. Post-Covid-Syndrome sind auch bei mildem Verlauf möglich. Experten empfehlen allen Covid-19-Patienten, zur Nachsorge zu gehen.

Stand: 15.11.2022 15:48 Uhr

Das Coronavirus kann sämtliche Organe, auch die Niere, angreifen. Das kann eine Dialyse nötig machen. | Bild: picture-alliance

SARS-CoV-2 gilt als „Multi-Organ-Virus“ und ist kein reines Atemwegsvirus. Nach der Lunge befällt es vor allem Herz und Niere. Bereits im August 2020 veröffentlichten Hamburger Pathologen eine Studie, wonach bei 60 Prozent der an Covid-19 verstorbenen Menschen Coronaviren in der Niere nachweisbar waren. Im Februar 2022 zeigte eine Untersuchung, dass "SARS-CoV-2 Nierenzellen direkt infizieren und eine Zellschädigung mit anschließender Fibrose hervorrufen kann".

Post-Covid - Wenn Covid-19 auf die Nieren schlägt

Patienten mit Vorerkrankung der Niere haben häufiger einen schweren Verlauf. Bei Infizierten zeigen sich bei Urinkontrollen veränderte Nierenwerte. Und darüber hinaus, wer schwer an Covid-19 erkrankt, erleidet in der Hälfte der Fälle ein akutes Nierenversagen. Das gilt für Covid-Patienten, die beatmet werden müssen. "Bei 30 Prozent dieser Patienten sind die Nieren so stark eingeschränkt, dass sie eine Dialyse benötigen," sagt Christoph Galle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie.

Long-Covid - Narbengewebe beeinträchtigt die Nierenfunktion

Auch bei anderen ähnlich schweren Krankheiten sind Nierenprobleme üblich. Noch ist nicht bis ins Detail geklärt, auf welche Art und Weise das Coronavirus genau die Niere beeinträchtigt. Wie Forschende der RWTH Uniklinik Aachen, Deutschland, und des Radboud University Medical Center, Niederlande, zeigten, infiziert das Coronavirus die Nieren direkt und trägt zur Vernarbung des Gewebes bei. Und dieses Narbengewebe könnte sich langfristig negativ auf die Nierenfunktion auswirken.

In diesem Zusammenhang ist eine umfangreiche Studie aus den USA vom November 2021 zu sehen, bei der mehr als 90.000 Covid-Genesene beteiligt waren. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass Covid-Überlebende gegenüber Nicht-Infizierten ein erhöhtes Risiko für eine schwere Nierenerkrankung haben - auch noch nach der akuten Krankheitsphase.

Covid-19-Spätfolgen - Blutgerinnsel können der Niere schaden

Darüber hinaus bekommen Covid-19-Patienten viele Arzneistoffe - etwa Antibiotika oder auch entwässernde Medikamente - die sich auf die Nieren auswirken können. Mediziner beobachten außerdem, dass bei schwer an Covid-19 Erkrankten das Blut schneller gerinnt. So können sich Blutgerinnsel bilden, die Gefäße verstopfen. Das kann auch in der Niere passieren, sodass es zu kleinen Infarkten im Nierengewebe kommen kann.

Post-Covid - Als Spätfolge von Covid-19 können die Nieren erkranken.

"Wir sehen große Probleme in der Blutgerinnung bei Covid-19, die sich unter anderem in sogenannten Mikrothromben, kleinen Verklumpungen, Verstopfungen in der Lunge in der Niere zeigen. Das könnte ein Grund sein, warum die Niere auch geschädigt wird."

Oliver Keppler, Münchner Virologe und Leiter des Max-Pettenkofer-Instituts der LMU München

Long-Covid: Kinder können Gefäß- und Nierenschäden davontragen

Eine Studie mit 112 jungen Patienten zwischen fünf und 17 Jahren, die im Dezember 2020 in der Fachzeitschrift "Blood advances" veröffentlicht wurde, ergab, dass selbst bei einem Krankheitsverlauf ohne Symptome Schäden in den Blutgefäßen und Nieren zurückbleiben können. Ein Biomarker im Blut, also ein spezielles biologisches Merkmal im Blut, ist bei diesen Kindern und Jugendlichen erhöht, was auf Mikrothombosen hinweist.

"Die Ergebnisse sprechen dafür, dass thrombotische Mikroangiopathien [teils lebensbedrohliche Erkrankungen, die durch einen Schaden in den Kapillargefäßen eine Störung bewirken] bei mit SARS-CoV-2 infizierten Kindern häufig sind - selbst wenn die Symptome nur minimal sind."

Caroline Diorio, Pädiaterin am Children's Hospital of Philadelphia, USA

Schwere Krankheitsverläufe: Nierenprobleme als Warnsignal

Aus Sicht eines Covid-Erkrankten klingen mögliche Nierenschäden beängstigend, aus wissenschaftlichem Blickwinkel jedoch bietet dieser Zusammenhang Vorteile für die Krankheitsprognose: Denn verschlechterte Nierenwerte dienen bereits als Frühwarnsignal für schwere Verläufe und für ein möglicherweise erhöhtes Sterberisiko. Auf diese Anzeichen können die therapierenden Mediziner dann reagieren und etwa spezielle Maßnahmen einleiten.

Symptome, die auf Nierenprobleme hindeuten können:

  • Bluthochdruck
  • Stechende Kopfschmerzen
  • Luftnot
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Schaum auf dem Urin

Post-Covid: Auch von Covid-19 Genesene sollen zur Nachsorge gehen!

Nicht nur die Therapie während der akuten Krankheitsphase ist wichtig, sondern auch die Nachsorge nach einer Covid-Erkrankung. So gehört die Universitätsklinik Freiburg beispielsweise zu den vielen Kliniken, die eine Corona-Nachsorge-Ambulanz eingerichtet haben. Dort können sich Genesene, die unter Nachwirkungen wie zum Beispiel veränderten Nierenwerten leiden, untersuchen und beraten lassen. Der Infektiologe Winfried Kern: "Es gibt auch in unserer Nachsorge-Ambulanz Patienten, die nach wie vor keine normalisierte Nieren-Funktionen haben, sondern noch auffällige Werte. Die sind nicht kritisch, aber zeigen noch messbar eine eingeschränkte Nierenfunktion an."

Tipps für den Umgang mit Long-Covid und Nierenproblemen:

  • Bei der Covid-19-Nachsorge frühzeitig neben Lungen, Herz und Nervensystem auch die Niere im Blick haben
  • Regelmäßig Nierenwerte durch Hausärztin oder Hausarzt überprüfen lassen
  • Symptomtagebuch führen
  • Covid-Genesene für die Möglichkeit von Langzeitfolgen für die Nieren sensibilisieren
  • Selbsthilfegruppen kontaktieren und sich über etwaige Probleme austauschen

Long-Covid: Nieren können sich wieder erholen

Eine schwere Covid-19-Erkrankung kann zu akutem Nierenversagen führen. Das ist problematisch, aber im Gegensatz zum chronischen Nierenversagen erholt sich das Organ in der Regel wieder, wenn die Covid-19-Erkrankung überstanden ist. Darauf weisen auch Untersuchungen vom Januar 2021 hin. Die Forscherinnen und Forscher zeigen, dass das Organ wieder gesund werden kann, auch wenn die Nierenfunktion zeitweise von Maschinen übernommen werden muss. Denn gerade in den letzten Jahren sind neue, effektive Therapien für die Behandlung von Nierenfunktionsverlust auf den Markt gekommen.

Weiterführende Links und Sendungen zu Post-Covid und Nierenproblemen:

  • Selbsthilfegruppe Niere - Regionalgruppe Bayern
  • Tückische Krankheit - Nierenschwäche rechtzeitig erkennen und behandeln (NDR)
  • Chronischer Nierenschaden - Ursachen, Symptome, Behandlung
  • Langzeit-Covid, deutschsprachige Selbsthilfegruppe
  • Long Covid - Leben mit der Erschöpfung. 17.11.2022, 10:55 Uhr, ARD-alpha
  • Gesundheit! Genesen - nicht gesund: Corona und die Langzeitfolgen. 04.01.2022, 19:00 Uhr, BR Fernsehen.
  • Klinik St. Hedwig - Hilfe für Kinder mit Long-Covid. 07.12.2021, 17:30 Uhr, BR Fernsehen.
  • aktiv und gesund - Gesundheitsmagazin. Erholsamer Schlaf: Essen für die Nieren. 22.07.2021, 14:15 Uhr, BR Fernsehen.

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