USA, China, Russland, Weltraumtouristen Neuer Wettlauf zum Mond

Von: Franziska Konitzer

Stand: 16.11.2022

Auf dem Mond waren wir Menschen schon mal: Zwölf Apollo-Astronauten der NASA sind ein bisschen auf ihm herumgefahren, haben Fahnen in den Boden gerammt, Steine eingesammelt. Dann sind sie alle wieder nach Hause geflogen. Die letzte Mondlandung ist fast ein halbes Jahrhundert her. Aber inzwischen ist der nächste Wettlauf zum Mond bereits in vollem Gange.

In dieser künstlerischen Darstellung erkunden zwei Apollo 13 Astronauten den Mond. Die Apollo 13 Mission ist nie auf dem Mond gelandet - und nach 1972 war mit der Apollo 17 Mission über ein halbes Jahrhundert lang Schluss mit dem Mond als Ausflugsziel von Astronauten. | Bild: NASA

Natürlich war es ein großer Schritt für die Menschheit, aber letztendlich doch nur eine Stippvisite: Insgesamt zwölf Astronauten schickte die US-Raumfahrtbehörde NASA im Rahmen des Apollo-Programms in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren zum Mond. Um wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn ging es damals eher am Rande: Eigentlich wollte man den Wettlauf ins All gegen die Sowjetunion gewinnen. Die Mondlandungen damals waren mitten im Kalten Krieg ein politisches Signal: Mission accomplished. In den Jahrzehnten danach wurde am Mond vorbeigeflogen, er wurde umrundet, kartiert, wissenschaftlich untersucht. Aber von Menschen besucht wurde er seitdem nicht mehr. Das könnte sich schon bald ändern. Die USA wollen Astronautinnen und Astronauten zum Mond schicken, China und Russland möchten dort eine Forschungsstation errichten, SpaceX plant, Weltraumtouristen zu unserem Erdtrabanten befördern. Wer gewinnt den Wettlauf zum Mond?

Anschauen: Zurück zum Mond

1972: Der bislang letzte Mensch auf dem Mond

Der Astronaut der Apollo 17 Mission Eugene Cernan salutiert der amerikanischen Flagge auf dem Mond.  | Bild: NASA

Eugene Cernan salutiert der eigens auf dem Mond aufgestellten US-amerikanischen Flagge.

Die bislang letzten Menschen auf dem Mond waren die Astronauten der Apollo 17 Mission. Eugene Cernan und Harrison Schmitt verbrachten im Jahr 1972 drei Tage auf dem Mond, bevor sie mit der Aufstiegsstufe ihrer Mondfähre von der Mondoberfläche abhoben, in der Mondumlaufbahn in das Apolloraumschiff zu ihrem dort verbliebenen Kollegen Ron Evans umstiegen und dann die Reise zurück gen Erde antraten.

Seitdem: Niemand träumt mehr von der Mondlandung

Diese künstlerische Darstellung aus dem Jahr 2019 zeigt eine Mondstation, inklusive Solarpanelen zur Stromversorgung, einem Mondfahrzeug - und menschlichen Bewohnern.  | Bild: ESA - P. Carril

Diese künstlerische Darstellung aus dem Jahr 2019 zeigt eine Mondstation, inklusive Solarpanelen, einem Fahrzeug und menschlichen Bewohnern.

Nachdem die NASA das Apollo-Programm beendete, war der Mond als Reiseziel für Astronauten von der To-Do-Liste gestrichen. Man konzentrierte sich eher auf den Bau von Raumstationen wie der Internationalen Raumstation ISS. Und so verbleiben aus den Jahrzehnten nach der Mondlandung vor allem künstlerische Darstellungen und Vorstellungen, wie es denn aussehen könnte, so ein neuer Ausflug zum Mond - dieses Mal vielleicht für längere Zeit.

Was bleibt: Was haben die Mondlandungen eigentlich gebracht?

Mit derartigen Reflektoren lässt sich die Entfernung zwischen Mond und Erde bis auf wenige Zentimeter genau bestimmen.  | Bild: NASA

Das Lunar Laser Ranging liefert bis heute Daten über die Entfernung zwischen Erde und Mond. Die Spiegel wurden von Astronauten zum Mond gebracht.

Bei den Mondlandungen ging es vorrangig nicht um den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn: Die meisten Apollo-Astronauten waren vor ihrer Karriere im All ursprünglich Testpiloten für Kampfjets gewesen. So war für die Wissenschaft nicht der eigentliche Besuch das Highlight, sondern das Mitbringsel: Die Apollo-Astronauten sammelten an ihren diversen Landeorten Mondgestein ein, das sie zur Erde brachten. Diese Steine liefern bis heute neue Erkenntnisse über die Geschichte unseres Erdtrabanten. Außerdem ließen die Astronauten - neben Golfbällen, einer Bibel und Werkzeugen - etwas da: lunare Retroreflektoren nämlich. Diese Spiegel reflektieren einen kleinen Teil des Lichts, der per Laserstrahl von der Erde zum Mond geschickt wird. Daraus lässt sich die Entfernung zwischen Mond und Erde bis auf wenige Zentimeter genau bestimmen. Seitdem wissen wir, dass sich der Mond im Durchschnitt um 3,8 Zentimeter pro Jahr von der Erde entfernt. Dieses Lunar Laser Ranging Experiment läuft bis heute.

Zwillingsschwester Artemis: Zurück zum Mond!

Im Jahr 2019 bekamen die eher vagen NASA-Pläne einer erneuten Reise zum Mond einen neuen, vielleicht vielversprechenden Namen: Artemis, die in der griechischen Mythologie die Zwillingsschwester des Apollo ist. Der damalige US-Präsident Donald Trump wünschte sich rasch umsetzbare Erfolge im All - und da der Mars derzeit mit einer astronautischen Mission nicht innerhalb von zwei Legislaturperioden erreichbar ist, entschied man sich für eine Rückkehr zum Mond. Dieses Mal sollen erstmals eine Frau sowie eine nicht-weiße Person mitfliegen dürfen. Es gibt ein offizielles Graphic Novel der NASA, in dem die erneute Mondlandung bereits Realität ist: In "First Woman" landet die NASA-Astronautin Callie Rodriguez als erste Frau auf dem Mond. Geplant ist die erste Mondlandung im 21. Jahrhundert für das Jahr 2025. Doch das Artemis-Programm beginnt schon jetzt, mit dem Start des Testflugs Artemis 1 zum Mond.

Space Launch System SLS: Mit neuer Rakete gen Mond und darüber hinaus

Die Trägerrakete SLS hob am 16. November 2022 mit der unbemannten Raumkapsel Orion im Rahmen des NASA-Mondprogramms Artemis 1 ab. Sie umrundet den Mond. | Bild: picture-alliance/dpa/Pat Benic

Die Trägerrakete SLS startete am 16. November 2022 mit der unbemannten Raumkapsel Orion im Rahmen des NASA-Mondprogramms Artemis 1.

Die Saturn V-Rakete der NASA, welche die Apollo-Astronauten gen Mond beförderte, war bis vor Kurzem die leistungsfähigste Rakete, die je gebaut wurde. Danach fehlt der Menschheit schlicht der benötigte Wumms, um selbst zum Mond zu fliegen. Doch das hat sich jetzt geändert: Das Unternehmen Boeing hat seit 2011 für die NASA die Trägerrakete Space Launch System (SLS) entwickelt, mit noch mehr Transportkapazität als die Saturn V-Raketen. Mit ihr hob am 16. November 2022 die unbemannte Raumkapsel Orion in der Mondmission Artemis 1 ab, um den Mond zu umrunden.

Mondlandungen: So wollen die USA den Mond besuchen

  • Mit dem Artemis-Programm will die NASA zurück auf den Mond.
  • Die Mondrakete heißt Space Launch System SLS. Sie bringt die Raumfähre Orion mit Platz für bis zu vier Astronauten ins All. Ein erster Schritt gen Mond ist der unbemannte Testflug dieser beiden Systeme, Artemis 1, der im November 2022 gestartet ist. An der Orion-Raumfähre ist auch die Europäische Weltraumagentur ESA beteiligt: Das Servicemodul, das unter anderem für Antrieb und Lebenserhaltungssysteme sorgt und für jeden Artemis-Flug neu produziert werden muss, wird in Europa gebaut. Dafür sollen vielleicht eines Tages auch europäische Astronauten mitfliegen dürfen.
  • Außerdem in Planung: Ein "Lunar Gateway", eine mobile Raumstation in einer Umlaufbahn um den Mond. Von dort aus könnten Astronautinnen und Astronauten auf dem Mond landen - oder eines Tages gen Mars durchstarten.
  • Als Mondfähre, die auf der Mondoberfläche landet, ist ein spezielles Raumschiff des US-Unternehmens SpaceX vorgesehen.
  • Als lunares Reiseziel besonders interessant ist der Südpol des Mondes. Dort soll es Wassereis geben - eine Ressource, die sich künftige Astronautinnen und Astronauten zunutze machen könnten.
  • Stellt sich die Frage: Warum wollen die USA überhaupt zurück zum Mond? Festzuhalten ist: Er gehört ihnen nicht. Die Weltraumverträge legen fest, dass niemand einen Anspruch auf Himmelskörper erheben kann.
  • Das Artemis-Programm spricht von drei Gründen: Entdeckung, wirtschaftliche Chancen sowie der Inspiration für eine neue Generation - der "Artemis-Generation".
  • Auch eine Rolle dabei spielen dürfte, dass der Mond eine Art Übungsplatz darstellt, würde man eines Tages Astronautinnen und Astronauten zum Mars schicken wollen. Denn der Mond ist mit rund drei Tagen Reisezeit durchs All quasi direkt vor der Haustür.
  • Nachdem der Mond jahrzehntelang eher links liegen gelassen wurde, wird er auf einmal wieder interessant: Denn aufstrebende Weltraumnationen testen dort ihre Technologien aus, allen voran China. Mit Chang'e 4 landete China als erstes Land überhaupt eine Mondsonde auf der Rückseite des Mondes. Chang'e 5 hingegen bohrte den Mond an und brachte erstmals seit Jahrzehnten eine nennenswerte Menge an Mondgestein zurück zur Erde.
  • Wollen andere Nationen die USA bei ihrer Reise zum Mond begleiten, müssen sie zunächst die von den USA entworfenen "Artemis Accords" unterzeichnen. In diesem Vertragswerk wird unter anderem die künftige Rohstoffnutzung auf dem Mond festgelegt. Vor allem dieser Aspekt könnte mit geltendem Weltraumrecht in Konflikt kommen, das Jahrzehnte zuvor international auf UN-Ebene ausgehandelt wurde - auch von den USA.

dearMoon: Einmal um den Mond mit SpaceX

Der japanische Milliardär Yusaku Maezawa will als erste Privatperson mithilfe des US-Unternehmens SpaceX zum Mond fliegen.  | Bild: picture alliance / NurPhoto | Alessandro Di Ciommo

Der japanische Milliardär Yusaku Maezawa will als erste Privatperson mithilfe des US-Unternehmens SpaceX zum Mond fliegen.

dearMoon, so heißen die Mondträume des US-amerikanischen Unternehmens SpaceX. Das Unternehmen entwickelt seine eigene Rakete, die Menschen zum Mond bringen kann: Starship heißt sie, und besteht aus einem Booster namens Super Heavy und dem oben darauf platzierten Raumschiff namens Starship. Übrigens hieß diese Rakete zu einem früheren Zeitpunkt einmal BFR - eine Abkürzung für "Big Fucking Rocket". Das entspricht zwar den Tatsachen, trotzdem sprach das Unternehmen wenig später lieber von der "Big Falcon Rocket", bevor das Raketenprojekt akronymfrei in "Starship" umbenannt wurde.

dearMoon wird maßgeblich von einem japanischen Unternehmer konzipiert und gefördert: Der Milliardär Yusaku Maezawa ist mit einem Internet-Mode-Handel reich geworden. Maezawa möchte zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern einen sechstägigen touristischen Ausflug um den Mond unternehmen und hat dafür alle Plätze an Bord des Starships gekauft. Landen oder gar aussteigen wird dabei aber niemand. Die Bewerbungsphase ist bereits abgeschlossen, derzeit wartet das Starship auf erste Testflüge. 2023 könnte es dann mit dem ersten privatwirtschaftlichen Flug um den Mond soweit sein.

Chinas Marsch zum Mond: Die International Lunar Research Station

Eine chinesische Rakete des Typs Langer Marsch 5 hebt ab: An Bord ist die Mondsonde Chang'e 5, die auf dem Mond erstmals seit Jahrzehnten Mondgestein sammelte und zurück zur Erde brachte.  | Bild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mark Schiefelbein

Eine chinesische Rakete des Typs Langer Marsch 5 hebt ab: An Bord ist die Sonde Chang'e 5, die Mondgestein sammelte und zurück zur Erde brachte.

Ist es wirklich ein Wettlauf zum Mond? China hat in den letzten Jahren seine Position im All ausgebaut - mit seiner eigenen Raumstation Tiangong in der Erdumlaufbahn, mit dem Mars Rover Zhurong sowie mit seinen Mondlandungen: Die Mondsonde Chang'e 4 erkundet als erste Sonde überhaupt die Rückseite des Mondes. Chang'e 5 sammelte auf dem Mond Gestein ein und brachte es wieder zurück zur Erde.

Inzwischen haben China und Russland verkündet, gemeinsam eine "International Lunar Research Station" bauen zu wollen. Es klingt nach einem vollen Programm: eine Raumstation in der Mondumlaufbahn, einer Mondstation auf der Oberfläche sowie diversen Mondsonden. China und Russland laden - genau wie die USA beim Artemis-Programm - zur internationalen Zusammenarbeit ein, allerdings wohl ohne zusätzliches von ihnen diktiertes Regelwerk. Stattdessen setzen sie auf die international ausgehandelten Weltraumverträge auf UN-Ebene.

Wobei sich die beiden Länder allerdings bedeckt halten, ist bei der Frage nach astronautischen Missionen. Zwar könnte die International Lunar Research Station eines Tages auch von Astronautinnen und Astronauten besucht werden. Aber derzeit sind wohl in den nächsten Jahren zunächst keine Mondlandungen von Menschen geplant.

Zuguterletzt? Die letzten Worte, die auf dem Mond gesprochen wurden - bislang zumindest

"Ich bin auf der Oberfläche. Und wenn ich nun für einige Zeit den letzten Schritt eines Menschen vom Mond Richtung Heimat machen werde, dann möchte ich sagen, was die Geschichte meiner Meinung nach festhalten wird: Amerikas Herausforderung von heute hat das Schicksal des Menschen von morgen geschmiedet. Wir verlassen jetzt Taurus-Littrow, wie wir einst gekommen sind und, wenn Gott es will, werden wir zurückkehren in Frieden und Hoffnung für die gesamte Menschheit. Gute Reise der Besatzung von Apollo 17."

Eugene Cernan, Kommandant der Apollo 17-Mission, 14. Dezember 1972

Der Mond: Gut gelandet?

Der Mond als Sehnsuchtsobjekt - oder als lunarer Spielball in einem Wettlauf ins All, bei dem es eigentlich um etwas ganz anderes geht?  | Bild: NASA Goddard

Der Mond als Sehnsuchtsobjekt - oder als lunarer Spielball in einem Wettlauf ins All, bei dem es eigentlich um etwas ganz anderes geht?